Malarei.
Umrisse
Lied von
Schiller's
Glocke.
der
Hügels erstiegen haben, von dem man auf reizende italische Ebenen mit
Waldungen und Ortschaften und auf die Buchten eines klaren, tiefblauen
Meeres hinabblickt. Sie haben sich neben eine Quelle niedergesetzt, die,
unter einem Fliederbusch hervor, in ein steinernes Becken und daraus wei-
ter rinnt. Die eine von ihnen, in prächtig rothem sammtnem Oberkleide,
einen gestickten Schleier im schwarzen Haar und ein leichtes Kränzlein
darüber, legt eben die Mandoline, auf der sie gespielt und ein Lied dazu
gesungen, zur Seite. Wussten wir den Inhalt des Liedes! es muss in's
Herz geklungen haben. Denn während die schöne Sängerin heiter und
zuversichtlich helfend emporschaut, ist in der Gespielin manch eine Erinne-
rung, manch eine Ahnung geweckt worden. Diese trägt ein violettes, mit
einem goldgestickten Schleier gegürtetes Obergewand, ihr blondes Haar ist
in Zöpfe geflochten; sie lehnt mit der rechten Hand an der Schulter der
Sängerin und blickt schwermüthig vor sich nieder. Es liegt ein geheimer
Zauber in diesen schmerzlich geschlossenen Lippen, und wir wissen nicht,
0b die klare Schönheit der geschmückten Sängerin mehr dazu dient, den
stillen Reiz der Gespielin hervorzuheben, oder ob diese mehr als Folie
für jene gemalt ist. Aber gerade dieser Contrast ist von der anmuthigsten
Wirkungn Dass der Maler der gefangenen Juden auch dies Bild in
einem edlen, grossartigen Style aufgefasst, dass die Technik, was die Aus-
führung der Köpfe und Hände, der Gewänder, der landschaftlichen Gegen-
stände betrifft, auch hier die meisterlichste ist, dünkt uns unnöthig zu
erwähnen. Wohl aber widerlegt dies Bild auf's Entschiedenste gewisse
Zweifel, welche bei jenem erhoben wurden, dass dasselbe vielleicht
mehr aus Nachwirkung Michel-Angeloscher Propheten und Sibyllen ent-
standen sei, dass es vielleicht nur in der Umgebung der Düsseldorfer Schule
in solcher Vollendung ausgeführt werden konnte.
Das Portrait einer Dame (Brustbild) in schwarzem Atlasskleide, mit
dunkelviolettem Sammthut und Perlen im schwarzen Haar, das Herr Bende-
mann kürzlich gemalt hat, zeigt den Künstler auch in dieser gebundneren
Gattung der Malerei, in welcher er zuerst vor dem Berliner Publikum auf-
trat, durch sprechende Aehnlichkeit, vollendete Technik und höhere, idealere
Auffassung als Meister.
Umrisse
gen von
zu Schillefs Lied von der Glocke nebst Andeutun-
Moritz Retzsch. Stuttgart und Tübingen, Verlag der J. G.
Cottafschen Buchhandlung. 1833.
(Museum
183a,
Die genannten Entwürfe von Retzsch, welche seit längerer Zeit schon
das Eigenthum Cotteüs waren, sind so eben, von seinen Erben herausgege-
ben, im Kunsthandel erschienen. Sie bilden ein starkes Heft von 43 Blät.
tern in langem Quartformat, den übrigen ähnlichen Werken von Retzsch
sich anschliessend. Sie stimmen im Wesentlichen mit denselben in Bezug
auf Vorzüge und Mängel überein, obgleich sie, was wir von vornherein