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und
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teressc und der Vergleich der verschiedenartigen Richtungen, die hier als
solche schärfer hervortreten, auch seinen eigenthümlichen Reiz.
Die vorliegenden Blätter bieten uns bereits viel Interessantes und Be-
deutendes. Vor Allem heben wir unter ihnen zunächst zwei Blätter von
A. Schrödter hervor. Wie immer, so erscheint Schrödter auch hier
durchaus meisterhaft in jener Stylistik, welche zu Darstellungen solcher
Art erfordert wird, und welche allein eine gemessene Verbindung zwischen
Druckworten und künstlerischer Umfassung derselben hervorbringen kann;
die arabeskenhafte Anordnung der Composition, die ruhige, fast plastische
Behandlung, die nirgend in die Gesetze des eigentlich Malerischen über-
streift, die freie Sicherheit in der Führung der Nadel, alles dies ist hier
gleich gediegen. Die höhere Weihe aber erhalten die Blätter durch jenen
grossartig klassischen Humor, durch den Schrödtcr eine so unvergleichliche
Stellung in der gesammten Geschichte der Kunst einnimmt. Das erste
Blatt hat Claudius wohlbekanntcs Rheinweinlied ("Bekränzt mit Laub etcft)
zum Gegcnstande; ein grosser Römer, mit Eichenlaub bekränzt und eine
Rose in seinen Fluten schwimmend, erscheint oben in der Mitte; die Ver-
zierungen seines Fusses gelten in Ranken aus, aus denen sich Rebenge-
winde entwickeln; dazwischen erblickt man fröhlich heitre Gestalten, den
kräftigsten und innigsten Lebensinteresscn zugethan; unten sind die Phi-
lister dargestellt: links ein grämlicher Polyhistor (oder etwa ein Recen-
sent?), der bei seinen nthüringischen" Flaschen nicht singen kann; rechts
der "lange Herr Philister", der „nur Wind macht", wie ein reisender
Englishman gekleidet, einen Blasebalg unter dem Arme und zu den fröh-
lichen Gestalten über ihm hinauflorgnettirend. Das andre Schrödtcrsche
Blatt behandelt ein kerniges Trinklicd aus jener guten alten Zeit des hei-
ligen römischen Reiches, ehe der dreissigjährige Krieg all seine verborge-
nen Schäden unheilbar aufgerissen hatte; hier baut sich aus den Ranken,
die die Verse einschliessen, eine zierlich geschnitzte Holzlaube empor,
und in dieser erblickt man eine Gesellschaft stattlicher Gesellen um einen
Tisch mit Krügen und Gläsern, die das schöne Lied einträchtiglich singen.
Unter zwei Blättern von W. Camphausen zeichnet sich besonders
das eine, das des „Reiters Morgenlied" („Morgenr0th, leuchtest mir zum
frühen Todtt etc.) zum Inhalt hat, durch treftliches Arrangement der
Zeichnung und durch geistvoll gediegene Behandlung aus; der Maler
hat zu den Darstellungen dieses Blattes, sehr passend zu dem Charakter
des Liedes , das Kostüm des dreissigjährigen Krieges gewählt. Andre
interessante Darstellungen sind die von J. Fay (der Blumen Rache, von
Freiligrath), die nur das elfenhaft Leichte des Gedichtes nicht genügend
getroffen hat, H. Plüddemann (der nächtliche Ritter, von Uhland), E,
Ebers, H. Ritter u. s. w. E. Steinbrück hat zu dem Kreuzfahrer-
liede aus Novalis' Otterdingen eine Zeichnung geliefert, die ungemein
anmuthig empfunden ist, doch in der künstlerischen Behandlung nicht ge-
nügend erscheint. C Clasen (das Ilimmelsmahl, von Pocci) bewegt sich
mit Glück und Würde in derjenigen strengeren Darstellungsweise, die bei
religiösen Gegenständen angewandt zu werden pflegt; A. Mülller dagegen
(die Passionsblume, von v. Groote) erscheint ganz in jene befangene Sty-
listik der Italiener des vierzehnten Jahrhunderts, bei deren Betrachtung
man nicht immer die Begrilfe des Alters und der religiösen Weihe zu
unterscheiden scheint. versenkt; es macht in der That einen eigenthüm-
liehen Eindruck, immer wieder eine längst verklungene Richtung solcher