Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

K upferstich. 
Radirw 
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dergleichen in der That nicht häufig gefunden wird. Der Künstler ist hier 
völlig in seinem Elemente, und nur dem Christuskinde wäre eine etwas 
naivere Bequemlichkeit in der Stellung zu wünschen. Grosse Anmuth hat 
auch das zweite Blatt, welches die heil. Jungfrau, von musicirenden 
Engeln umgeben, im Palmengarten darstellt; doch tritt hier bereits (in den 
Bewegungen einiger Engel) manches Manieristische herein. Das dritte 
Blatt stellt den Heiland unter der Kelter dar. Wir wollen diesen Gegen- 
stand nicht als unkünstlerisch verwerfen; hier aber vermisst man sehr 
entschieden,  wie sinniges Gefühl, wie viel Grazie selbst auch in dieser 
Composition ersichtlich wird, doch diejenige höhere Energie der Behand- 
lung, welche einem Gegenstande von so kühner Symbolik für die AuiTas- 
iungsweise unsrer Zeit allein die nöthige künstlerische Würde verleihen 
ann. 
1111 
(Kunstblatt 
1843, 
ReinielCs Liederbuch, in welchem die Vorderseite jedes einzelnen 
Blattes mit einer radirten Randzeichnung  jede von einem andern Künst- 
ler der Düsseldorfer Schule gefertigt  versehen ist, hat sich eines so 
allgemeinen Beifalls zu erfreuen gehabt und hat, wie es scheint, das Wohl- 
gefallen an der schönen Kunst des Radirens auf's Neue so mannigfach 
verbreitet, dass der Verleger (J. Buddeus in Düsseldorf) sich bewogen 
gefunden hat, die Herausgabe eines zweiten Werkes von ähnlicher Ein- 
richtung zu unternehmen. Format und Druck sind dieselben wie dort, 
auch der Titel  Lieder und Bilder  welchen der äussere Um- 
schlag des Reiniclüschen Buches führte; das neue Werk schliesst sich dem 
letztern in Folge dessen als nzweiter Band" an. Von diesem ist so 
eben die erste Lieferung, 15 Blätter enthaltend, erschienen. Freilich ist 
zwischen beiden Bänden insofern ein nicht unerheblicher Unterschied, als 
der erste ein in sich zusammenhängendes Ganzes bildete. Die Gedichte 
mussten dort als die Hauptsache betrachtet werden; sie rührten durchweg 
aus der Feder des einen Verfassers (Reiniclüs selbst) her, gaben dem 
Ganzen eine durchgehend gleichmässige Stimmung und liefen in ununter- 
brochener Folge fort, so dass auch die Rückseite jedes einzelnen Blattes 
vollständig bedruckt war; demgemäss waren die Bilder in der That zu- 
meist nur ein künstlerischer Schmuck, der den Text auf sinnvolle Weise 
umspielte. Der zweite Band dagegen ist ein Sammelwerk, dem jener 
innere Zusammenhang fehlt; er besteht aus einzelnen Blättern, von denen 
jedes nur ein einzelnes Gedicht behandelt; die Künstler haben sich Ge- 
dichte von den verschiedensten Verfassern nach beliebiger Wahl ausge- 
sucht, und es ist sehr natürlich; dass hiebei die künstlerische Darstellung 
den Text in den meisten Fällen überwiegt; sie bildet die Hauptsache, und 
der Text steht zu ihr grossentheils nur in dem Verhältniss einer erläu- 
ternden Erklärung.  Diese Bemerkungen sollen indess keinen Tadel 
enthalten, sofern wir den zweiten Band in seiner Selbständigkeit betrach- 
ten. Im Gegentlieil giebt demselben das überwiegende künstlerische In-
	        
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