374
Berichte
und
Kritiken.
der schon seit dreissig Jahren und länger als ein anerkannter Meister
thätig ist, fort und fort zu einer höheren und stets gediegneren Entwicke-
lung vorschreitet.
Der Erlös der eben genannten Ausstellung war für die Kasse des hie-
sigen Vereins für den Kölner Dombau bestimmt. Rauch hatte ausser den
Victorien auch noch einige andre seiner neusten Arbeiten ausgestellt. S0
die Skizze zu dem Monumente Friedrichs des Grossen, welches unser
König hier in Berlin errichten lässt, und das lebensgrosse Modell der
Reiterstatue desselben Monuments, die aber in doppelter Lebensgrösse aus-
geführt wird. Ucber diese Arbeiten sind vor Kurzem bereits einige nähere
Andeutungen gegeben; wir konnten uns diesmal der hohen Würde, zu
welcher Rauch den Styl der schlicht historischen (portraitartigen) Sculptur
ausgebildet hat, in Musse erfreuen. Sodann ein Paar treftlich lebenvolle
Marmorbüsten und die überaus liebliche Marmorstatue eines Knaben, der
mit bittendem Ausdruck eine Schale emporhält. Diese kleine Statue be-
absichtigt Rauch (nebst einer zweiten) der Kirche seiner Vaterstadt Arol-
sen zu schenken; sie soll, statt des sonst üblichen nüchternen Messing-
beckens an den Kirchthüren zum Empfang milder Gaben dienen. Auch
sie ist ein Werk von ähnlich meisterhafter Durchbildung, wie jene Victo-
rienstatuen; ein Blick der Vergleichung auf sie und auf die Knaben des
Frankelschen Monuments in Halle, die in zahlreichen Gypsabgüssen ver-
breitet sind, zeigt, wie viel höher der Standpunkt ist, den Rauch gewon-
nen, seit er jenes Monument gefertigt hat. Ueber den Ausdruck des
Kopfes weiss ich nichts Besseres zu sagen, als was eine Dame, die mir
zur Seite stand, fast unwillkürlich ausrief: "Wer möchte dem Knaben
etwas abschlagen!"
Kupferstich.
(Kul
nstblatt
1842,
Bei J. Buddeus in Düsseldorf wird die Herausgabe eines katholischen
Gebetbuches (des himmlischen Palmgärtleins) veranstaltet, welches sich
einer sehr würdigen künstlerischen Zierde zu erfreuen haben wird. E_
Steinle liefert die Zeichnungen zu den Blättern, die dasselbe begleiten
sollen; von J. Keller werden sie in Kupfer gestochen. Steinle befolgt in
diesen Darstellungen ganz diejenige Richtung, die sich mit kindlichem,
frommgläubigem Gemiithe in eine stille Vergangenheit versenkt, und als
deren vorzüglichster Repräsentant Overbeck zu nennen ist; es spricht sich
darin ein so zartes Gefühl, eine so innige Hingebung aus, dass man zu
lebhafter Theilnahmc angezogen wird, auch wo man der Richtung selbst
die Anerkennung versagen muss. Ebenso sinnvoll, wie die Arbeit des
Zeichners, ist die des Kupferstechers; sie hat ebenfalls ein alterthümliches
Gepräge, aber die Nadel bewegt sich mit solcher Zartheit, Klarheit und
Grazie, dass diese Knpferstiche unter den Arbeiten ähnlicher Richtung in
seltner Vollendung erscheinen. Uns liegen bis jetzt drei Blätter vor. Das
vorziiglichst anziehende von diesen stellt die heil. Jungfrau, von andern
Heiligen umgeben, dar; es ist in diesem Blatt eine aurnuthvolle Feier, eine
Vermählung von Grazie und Würde, eine Zartheit der Charaktere, wie