Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Ueber Ferdi 
land 
Kobell 
und 
Radirungm 
zu erwärmen. Und mehr als wahrscheinlich ist es. dass auf eine solche 
Richtung sein irngeregelter Bildungsgang und die, immerhin späte Zeit, in 
welcher er sich erst ausschliesslich der Kunst widmen durfte, den wesent- 
lichsten Einfluss hatten. Denn so hoch auch die Kraft des Genies zu ver- 
ehren ist, so bedarf dasselbe dennoch, um vollendet in die Erscheinung 
treten zu können, einer frühen und folgerechten Gewöhnung, welche ihm 
die äussern Mittel der Darstellung zu einer leicht fliessenden Sprache 
macht; wir sehen es an allen, auch den bedeutendsten Künstlern, die erst 
im vorgerückten Alter in ihren Beruf eintraten, dass ihren Werken mehr 
oder weniger die Andeutung einer skizzenhaften Behandlungsweise bleibt. 
Um so mehr aber werden wir den richtigen Tact anerkennen müssen, der 
Kobell vorzugsweise in einem Fache wirksam sein liess, welches die An- 
sprüche, denen zu genügen er möglicherweise nicht im Stande war, fern- 
hielt und, obschon in enger gezogenen Grenzen, die anmuthigste Entwicke- 
lung seiner eigenthürnlichen Richtung und seines eigenthümlichen Talentes 
gestattete. Wir werden annehmen müssen, dass sein Aufenthalt in Paris 
und das dortige, eben angeführte Verhältniss ihm das Wesen seines künst- 
lerischen Berufs nur zum klareren Bewusstsein gebracht habe. 
Wie indess diese Verhältnisse zu betrachten sind, jedenfalls gehören 
KobelVs Blätter zu den bedeutendsten Badirungen im landschaftlichen 
Fache. Er schliesst sich mit ihnen, obwohl mehr als ein halbes Jahrhun- 
dert dazwischen liegt, unmittelbar den ähnlichen Leistungen an, welche 
die holländischen Meister uns hinterlassen haben; er ist der erste, der 
unter den Deutschen mit umfassenden Arbeiten solcher Art auftrat. Die 
glücklicheren Arbeiten der Holländer reichen bis in den Beginn des acht- 
zehnten Jahrhunderts herab; unter den Deutschen zählt Kobell nur sehr 
wenig Vorgänger, die auf eine höhere Bedeutung Anspruch haben. Die 
beiden Scheits, Matthias und Andreas, um den Schluss des sieh- 
zehnten Jahrhunderts thätig, sind als solche noch nicht anzuführen; 
Joachim Franz Beich (1665-1748) und Peter von Bemmel (1689- 
1754) haben mehrere geistreiche Blätter hinterlassen, die jedoch bei die- 
sem das Gepräge eines nur skizzenhaften Entwurfs tragen. bei jenem nicht 
frei von conventioneller Behandlung sind; unter den Blättern eines nähe- 
ren Zeitgenossen von F. Kobell, des Franz Edmund Weirotter (1730 
-1773), finden sich auch nur wenige, die in edler Radirmanier durchge- 
führt sind. U. dgl. m. Ja, wir müssen hinzufügen, dass Kobell überhaupt 
als derjenige zu bezeichnen ist, der die landschaftliche Radirung, was die 
äusseren Elemente der Darstellung anbetrifft, zuerst auf umfassende WVcise 
zu einer eigentlich vollendeten Durchbildung gebracht hat. Wenigstens 
finden sich bei den grossen holländischen Landschaftern des siebzehnten 
Jahrhunderts nur einzelne Blätter, in denen eine solche Behandlung er- 
strebt ist, die somit eine eigentlich künstlerische Beschlossenheit haben, 
während bei weitem die Mehrzahl durchgehend nur auf die Andeutung 
einer malerischen Wirkung hinarbeitet und sich mehr nur als Entwurf 
zu einem Gemälde, denn als ein selbständiges und für sich gültiges Ganze 
zu erkennen giebt. So ist es z. B. bei den meisten der im Uebrigen so 
geistvollen Blätter des Anton Waterloo der Fall. von denen nur einige 
wenige eine wirklich plastische Durchbildung zeigen: so noch ungleich 
mehr bei den wenigen schönen Entwürfen, die von Jakob Ruisdael 
radirt sind; so selbst bei den Blättern von Hermann Swanevelt, ob- 
gleich dieser mit vorzüglichem Glück auf Massenwirkung und allgemeine
	        
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