Schinkefs
landschaftliche
Gemälde.
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zwei Gemälde aufmerksam machen, die seine eigne Wohnung schmücken
und die nach verschiedner Richtung hin, seine Auffassungsweise zu cha-
rakterisiren vorzüglich geeignet sind. Das eine Bild stellt griechische
Natur und griechisches Leben in ihrer Blüthe dar. Man sieht im Mittel-
grunde desselben die Gebäude einer griechischen Stadt mit cmporragcnden
Tempeln hingebreitet; zur Linken zieht sich die steile Höhe der Akropolis
empor, auf deren Plateau, mehr im Vorgrunde, ein dorischer Porticus und
vor diesem die kolossaleu Gruppen der Dioskuren hervortreten. Am Ab-
hange dieses Berges bemerkt man verschiedne kleinere Heiligthümer; ein
Wäldchen von Platanen und Kastanien führt zur Stadt hinab; vor der
letzteren ist ein öffentlicher Vcrsammlungsort, in welchem gymnastische
Spiele ausgeführt werden. Das Ganze ist in heitrem südlichem Lichte
gehalten; die Ferne, deren Berg- und Uferformen in den schönen Linien
der südlichen Natur gezeichnet sind, erscheint in klarem, bläulichem Dufte.
Das andre Bild entwickelt die Pracht des nordischen Mittelalters. Auf
einer Anhöhe, deren Fuss mit Eichen bewachsen ist, erblickt man das
reiche Gebäude eines gothischen Domes; der eine seiner Thürme erhebt
sich in den freien, kühnen Formen dieser Architektur in die Lüfte; über
dem andern, der noch nicht ganz vollendet ist, wallt eine grosse Fahne.
Zur Seite des Domes steht das Gebäude einer kaiserlichen Pfalz, dem
eine festlich geordnete Schaar von Knappen, Rittern und Herren, in der
Mitte der Kaiser unter dem Baldachin, entgegenzieht. Weiter zurück und
mehr in der Tiefe breitet sich, von einem Flusse durchschnitten, eine
mittelalterliche Stadt mit mannigfachen Gebäuden hin; die Ferne wird
durch Bergzüge abgeschlossen. Der Himmel ist mit dunkeln Regenwolken
erfüllt, vor denen der hell beleuchtete rothe Sandstein des Domes einen
wirkungsreichen Contrast bildet; das Ganze ist in den ernsten Tfönen ge-
halten, welche der nordischen Natur die längere Zeit des Jahres hindurch
eigen sind.
In ähnlicher Weise hat Schinkel noch in manchen andern Bildern
theils das griechische Leben. theils das nordische Mittelalter charakteri-
sirt. Unter den ersten ist namentlich ein Gemälde berühmt, welches eben-
falls die Ansicht einer griechischen Stadt in der schönsten Blüthe Griechen-
lands darstellt und welches für die Prinzessin Friedrich der Niederlande
(wenn ich nicht irre, im J. 1825) gemalt wurde; hier tritt indess mehr als
in seinen andern landschaftlichen Gemälden das Element der Historien-
malerei hervor, indem im Vorgrunde ein Tempelbau und zahlreiche
Gestalten griechischer Jünglinge, die an der Ausführung des Baues arbei-
ten, dargestellt sind. In seinen bildlichen Darstellungen gothischer Pracht-
gebäude folgt Schinkel ganz der reichen Entwickelung dieses Styles, "welche
vornehmlich in Frankreich und Deutschland, in den Zeiten des dreizehn-
ten und vierzehnten Jahrhunderts statt gefunden hatte, ohne dieselbe dlllfll
seine eigne Ansicht über die Gültigkeit derselben zu beschränken. In
l) Ebenso ist Sehinkel bei der Restauration der bedeutendsten mittel-
alterlichen Bauwerke des preuss. Staates, die in den letzten Decennien
statt fand und deren obere Leitung seinen Händen anvertraut war, bei der
Restauration der Dome von C-öln, Magdeburg, Brandenburg, des Schlosses Ma-
rienburg u. s. w. überall auf das, der Anlage dieser Gebäude zu Grunde gelegte
System mit Sorgfalt eingegangen und hat eben nur dieses System in seiner In-
tegrität herzustellen gestrebt.