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K arl
Friedrich
Schinkel.
manchen andern Zweigen hat er bedeutend und folgenreirh gewirkt um
auch letztere dürfen nicht übergangen werden, wenn es sich darum han-
delt, den ganzen Reichthum dieser seltnen Erscheinung zu würdigen.
Landschaftliche
Gemälde.
Schinkel wird den vorzüglichsten Landschaftsmalern zugezählt, welche
an dem neuen Aufschwunge der Kunst im gegenwärtigen Jahrhunderte
Theil hatten; seine Arbeiten in diesem Fache gewähren aber nicht bloss
in Bezug auf dies Verhältniss, sondern auch an sich ein eigenthümliches
Interesse. Um die Richtung näher zu bezeichnen, die er in Stincu land-
schaftlichen Gemälden befolgt, kann man wiederum von dem lllittclpirnkte
seiner künstlerischen Wirksamkeit, von der Architektur, ausgehen. Er liebt
es, grossartige Baulichkeiten zum Hauptgegenstande seiner landschaftlichen
Darstellungen zu machen und die Scenen der oifnen Natur und die des
menschlichen Verkehrs in Uehereinstimmung mit ihnen zu gestalten; e;-
giebt in diesen Bildern gewissermaassen die Architektur in ihrem Verhält-
nisse zum Leben. Doch ist hierin insofern ein bedeutender Unterschied
von seinen wirklich architektonischen Leistungen, als er in diesen Gemäl-
den die Architektur nicht ansschliesslich nach dem Principe behandelt,
weiches er für die Gegenwart als das Angemessene erkannt und ausgebi]-
tlet hat, sondern dieselbe objektiv, in derjenigen Gestalt aufnimmt, in
welcher sie als Denkmal der verschiedenen Entwickeluugsperioden der
Geschichte dasteht. Seine landschaftlichen Gemälde sind zumeist Bilder
dieser Entwickelungsperioden selbst, indem er durch ihre ganze Compogi-
tion bestimmte Zeiten und bestimmte Gegenden der Erde auf umfassende
Weise charakterisirt. Solcher Objektivität entspricht denn auch die male-
rische Behandlung. Jenes Element gemüthlicher Stimmung, welches die
Natur zum Spiegel des inneren Seelenlebens macht und welches in unsrer
neusten Ilandschaftschule zu einer so bedeutsamen Entfaltung gediehen ist,
(ich nenne besonders Lessing als Repräsentanten dieser Richtung) tritt in
SchinkePs Bildern weniger hervor; ungleich mehr sind sie, was die Be_
handlung anbetrifft, der plastischen Ruhe und klaren Naivetät derjenigen
älteren Landschaftschule verwandt, welche sich im siebzehnten Jahrhun-
derl auf italienischem Boden (zumeist zwar durch Ausländer gepflegt) am-
wickelte. Man hat die Richtung der letzteren als die classischc Landschaft
bezeichnet, gewiss nicht ohne guten Grund in Bezug auf die genannten
Eigenschaften, wie denn auch die wenigen antiken Landschaftsbilder,
die wir kennen, aulfallentl an den Styl eines N. Poussin erinnern; wir
mögen auch SchinkeYs Landschaften mit demselben Worte bezeichnen und
werden somit wieder auf den Grnndzug seines künstlerischen Charakters
zurückgeführt. Uebrigens ist nicht ohne Ausnahme in den sämmtlichen
hicher gehörigen Gemälden seiner Hand die Architektur vorherrschend;
einige enthalten nur die freien Gestaltungen der Natur, aber auch in die-
sen macht sich dieselbe Behandlungsweise bemerklich.
Ich will nur einige wenige Beispiele SchinkePscher Landschaften an-
ftlhren, unrdas eben Gesagte näher zu belegen; ich will besonders auf