Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

3-16 
Karl 
Iüiedrich 
Schinkel. 
hergehende ergeben muss,  wiederum eine verwandte Weise der Aufassung 
und Behandlung zu Grunde liegt. Die Hauptstelle unter diesen nehmen seine 
Entwürfezu den, in den Vorhallen des Berliner Museums auszufüh- 
renden Wandmalereien ein, Arbeiten von einer so eigenthümliehen Voll- 
endung, in Bezug auf die äussere Darstellung wie auf die Durchbildung 
des ihnen zu Grunde liegenden Gedankens, dass ihnen, obgleich sie nie- 
mals öffentlich ausgestellt wurden, doch bereits die entschiedenste Aner- 
kennung im weitesten Kreise zu Theil geworden ist. Der erste Eindruck, 
den diese Malereien (denn sie sind, wenn auch in kleinerem Maassstabe, 
aufs Sorgfaltigste in Farben ausgeführt) auf den Beschauer hervorbringen, 
hat etwas eigen Ueberraschendcs, eben in Bezug auf den Adel der 
Form, auf den Reichthum der Gestaltung, auf die grossartige Harmonie der 
Färbung, die in ihnen herrschen; man erwartete auch hier (wie es in den 
oben besprochenen, für die baulichen Zwecke bestimmten Compositionen 
der Fall ist) mehr nur skizzenartige Entwürfe, mehr nur die Andeutung 
der: Ideen, nach denen der bildende Künstler, um sich so den Anforderun- 
gen des Ganzen zu fügen, würde zu arbeiten gehabt haben; man ist nicht 
darauf vorbereitet, den Architekten auch in der frei bildenden Kunst als 
einen vollendeten Meister wiederzufinden. Doch stehen diese Arbeiten 
nicht vereinzelt da; noch manche andere reihen sich ihnen an, die man 
in gewissem Sinne vielleicht als die Vorbereitungen zu diesen betrachten 
kann. So glaube ich hier ein grosses kraftvolles Oelgemälde vom Jahre 
1827, welches, inmitten eines dichten südlichen Haines, eine idyllische 
Scene zwischen einem Mädchen und einem Knaben darstellt, nennen zu 
dürfen, ein Bild, in dem das edelste Formenstudium hervortritt. So war- 
Schinkel ungefähr gleichzeitig mit diesem Gemälde (oder zunächst vorher), 
mit ausgedehnten historischen Compositionen beschäftigt, welche den Er- 
eignissen der Freiheitskriege gewidmet sein sollten. Er hatte die Absicht, 
diese Compositionen ganz ideal (d. h. also: im Sinne der classischen Kunst) 
zu halten. Sie sollten kein Portrait jener Ereignisse sein, was nur zur 
Darstellung mehr oder weniger zufälliger Einzelheiten führen, aber nicht 
den grossen Gang, den allgemeinen lnhalt derselben andeuten kann; sie 
sollten eben diesen Gang, die wichtigsten Ereignisse jener denkwürdigen 
Jahre als ein Ganzes  gewissermaassen als eine Parallele der Wirklich- 
keit  zusammenfassen. Alles demnach, was an die Zufälligkeiten der 
heutigen Existenz erinnert (namentlich die Beschränkung des Kostümes) 
sollte wegfallen, nur das allgemein Menschliche sollte in ihnen hervortreten, 
dabei aber das aufgenommen werden, was zur höheren Charakteristik, viel- 
leicht in einer gewissen symbolischen Weise, nothwendig gewesen wäre, 
Jene Composition für das Giebefeld der Berliner Hauptwache, so wie 
manche Scene der für das Museum bestimmten Gemälde dürfte uns die Be- 
handlungsweise, die sich Schinkel hiebei vorgezeichnet, erkennen lassen. 
lndess sind von diesem Unternehmen nur einige Theile zur Ausführung 
gekommen. 
Die für die Vorhallen des Berliner Museums bestimmten Malereien 
wurden von Schinkel im Jahre 1828 begonnen. Ich bezeichnete sie vor- 
hin als selbständige Werke bildender Kunst, im Gegensatz gegen diejeni- 
gen, welche unmittelbar, als ein nothwendiges Glied, dem architektonischen 
Ganzen angehören. Das sind sie gewiss: darum aber stehen sie keineswegs 
ohne ein näheres Verhältniss zu dem Gebäude, für welches sie bestimmt 
wurden,  weder zu der Architektur, noch zu dem Zvrcckc desselben, da.
	        
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