Schinkefs Entwürfe
plastischen
Arbeiten.
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zurückscheucht, so dass hier bereits der Lenker der Bosse dem Wagen
entflieht. Hinter dem letzteren sieht man Scenen der Verwüstung, welche
die jetzt Besiegten über das Land hereingeführt: ein Krieger schleift eine
Jungfrau an den Haaren sich nach, Unbewaifnete flüchten, in der Ecke des
Giebels Weiber, Kinder und Greise um Hülfe tlehend. Auf der andern
Seite folgen auf den von der Victoria geführten Wagen zunächst einige
Gruppen, welche die gänzliche Niederlage der Feinde bezeichnen, sodann
in der Ecke die Klage einer Familie über den Leichnam eines gefallenen
Helden. Der reiche Inhalt ist hier mit wenigen Mitteln klar ausgespro-
chen; die verschiedenen Gruppen reihen sich auf eine harmonische Weise,
den Raum ebenmässig ausfüllend, an einander; die Gestalten, nackt oder
in einer Gewandung, welche die Bewegung der Körperformen klar wieder-
giebt, treten überall deutlich und bestimmt aus dem reichbewegten Ganzen
hervor. Die leichte Skizze, welche Schinkel von dieser Composition mit-
theilt, gab Gelegenheit. ein höchst interessantes, der Würde jener Lokalität
sehr wohl entsprechendes plastisches Werk auszuführen; wie nothwendig
dasselbe zur Vollendung des Gebäudes (schon in allgemein ästhetischem
Bezuge) gewesen wäre, ist bereits früher angedeutet. 1)
Noch verschiedne andre Compositionen, besonders für die Gicbelfeldcr
griechischen Styles, hat Schinkel in der Sammlung seiner architektonischen
Entwürfe bekannt gemacht. Ich will hier nur kurz auf den schönen
Giebelschmuck des Packhofgebäudes und auf den der Steruwarte zu Ber-
lin hindeuten, welche beide, von plastischen Künstlern ausgeführt, den
genannten Gebäuden zur vorzüglichsten Zierde gereichen. Am Interes-
santesten aber sind die Sculpturen, welche das Gebäude der neuen Bau-
schule zu Berlin schmücken und die, nach Schinkells Entwürfen, voll-
ständig und zwar durchweg mit einer grossen Trefflichkeit ausgeführt sind.
(Sie bestehen, wie das gesammte Aeussere des Gebäudes aus gebranntem
Thon.) Diese Sculpturen zerfallen nach den Räumen, zu deren Ausstattung
sie dienen, in verschiedne Cyklen. Als einen Hauptcyklus kann man zu-
nächst diejenigen betrachten, welche in den Fensterbrüstungen des Hauptge-
schosses angebracht sind. Es sind die Bilder einerArchitekturgeschichtc, d. h.
einer solchen, die mit freien Zügen nur einige grosse Phasen ihrer Entwicke-
]ung andeutet, ohne sich gerade sonderlich viel auf das der Wissenschaft
angehörige Detail einzulassen. Die Reihenfolge beginnt mit den Zerstörungen
des Glanzes der alten Welt: umgestürzte, zerbrochene Theile antiker Gebäude,
über denen Erschlagene hingestreckt liegen oder neben denen Wchklagende
sitzen. Dann sieht man den Aufschwung zu neuem Leben. Der Genius
mit Fackeln in den Händen schwebt heran, und Blumen spriessen unter
ihm hervor; neue Thätigkeit beginnt; einzelne Formen der Arbeit deuten
auf die Periode des Mittelalters. Dann folgen zahlreiche Bilder eines
frisch bewegten Geschäftes; Steine werden herbeigeführt, zusammengefügt
Balken behauen, Gewölbe aufgerichtet, Malerei und Bildhauerkunst bringen
dem neu gewonnenen Dasein ihre verschönernden Gaben. Die Auffassung.
Ich freue mich, hier die Bemerkung hinzufügen zu können, dass in der
That eine plastische Ausführung der genannten Compositioln, in der entsprechen-
den Grössa, vorhanden ist. Sie findet sich im Inneren des Zeughauses von Ber-
lin, zum Schmuck eines der grosstm Walfansäle desselben, angewandt. (Es ist
schon benxerkt, dass die Composition später auch an der für sie bestimymen
Stelle ausgeführt ist.)