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Karl
Friedrich
Schiukel.
gefasst werden; da aus der Verbindung von Architektur und bildender
Kunst Ein Ganzes hervorgehen, da die Bildwerke in dieser Beziehung nur
die Blüthe, die sich aus dem Stamme der Architektur entwickelt, vorstel-
len sollen, so ist es nöthig, dass eben dieses Verhältniss sich kund gebe,
dass den freien Werken der Kunst dieselben allgemeinen Gesetze zu Grunde
liegen, dass sie nach den Bestimmungen eines, mit den architektonischen
Principien übereinstimmenden, streng gemessenen Styles behandelt wer-
den. Für das Ganze, in seiner Idee und in deren Gestaltung, ist es also
nöthig, dass Beides, Architektur und Bildwerke, aus Einem Geiste geschaf-
fen werde, dass Ein Künstler es sei, der dieses Ganze erfinde, wenn es
auch nicht nöthig ist (in vielen Beziehungen sogar nicht zweckmässig sein
wurde), dass er überall selbst an die technische Ausführung Hand anlege.
Eine hohe Anforderung wird nach alledem an den Architekten ge-
macht, wenn er seine Kunst in ihrer ganzen Bedeutung vertreten soll.
Wenige Architekten aber sind in der neueren Zeit aufgetreten, die einer
solchen Anforderung Genüge geleistet hätten; eines lebendigeren Talentes
für die bildende Kunst ermangelnd, waren sie zumeist gcnöthigt, einen
Haupttheil ihrerArbeit der Willkür Andrer zu überlassen, 11ml Sßllr Selten
nur hat es der Zufall gefügt, dass diese auf die Idee des Ganzen, auf eine
entsprechende stylistisehe Behandlung einzugehen wussten. Um so bedeu-
tender wiederum steht Schinkel da, indem ein gütiges Geschick seinem
Geiste die reichste Fülle bildlicher Anschauungen gegeben, indem er selbst
dies sein Talent für die bildende Kunst zu einer grossen Vollendung
durchgebildet hat. In seinen architektonischen Entwürfen sind auch die
hierher bezüglichen Theile ebenso lebenvoll, mit derselben Rücksicht auf
das Ganze durchgearbeitet, wie die Formen der Architektur selbst. In der
stylistischen Behandlung schliessen sie sich durchaus harmonisch der letz-
teren an; in Bezug auf die Idee der Darstellung spricht sich in ihnen die
specielle Bedeutung des Gebäudes, für welches sie entworfen wurden, in
grossartig freien Zügen aus.
Schon bei der Betrachtung von Schinkelsmonumentalen Entwürfen
wurde bemerkt, dass auch in diesen Werken seiner Hand seine classische
Richtung sich mit Entschiedenheit geltend macht. Natilrlich war dies bei
denjenigen bildlichen Darstellungen, welche sich einem architektonischen
Ganzen unterordnen, um so mehr bedingt, als die Bildwerke hier mit wirk-
lich griechischen, oder im griechischen Geiste componirten Bauformen in
Uebereinstimmung stehen mussten. Es sind die idealen Gestalten der
classischen Kunst in ihrer rein menschlichen Würde, es ist jene einfach
symbolische, mit Wenigem Vieles andeutende Darstellungsweise, was auch
in diesen Werken unserem Auge gegenübertritt; aber Schinkel schafft in
diesem Elemente wiederum frei von innen heraus, er hält eben nur das
Allgemeingültige, Allgemeinverständliche desselben fest, ohne (wie es an-
derweitig Beispiele genug giebt), das was nur der archäologischen Wissen-
schaft angehört, neu beleben zu wollen.
Für eine der geistreichsten Compositionen dieser Art halte ich dieje-
nige, welche von ihm für den Fronto n der Hauptwache Berlins ent-
worfen wurde. Ich habe auf dieselbe schon im Obigen hingedeutet. Sie
enthält, in einer Reihenfolge von Gruppen, ein umfassendes Bild des
Krieges. Zwei Kriegergruppen auf zweispännigen Kriegswagen stürmen in
der Mitte des Giebelfeldes gegen einander; zwischen ihnen ist die Sieges-
göttin, welche die Bosse des einen Wagens lenkt und die des andern