Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Friedrich 
Karl 
Schinkel. 
diose Altarnische. Darüber erhebt sich in der Mitte ein offener cylinder- 
förmiger Raum, der mit einer flachgespaunten Kuppel schliesst. Die Fenster, 
unter der Kuppel und über den Emporeln, sind halbkreisförmig überwölbt 
und ihre Wände wiederum (wenn auch ohne die Anwendung von Säul- 
chen) gegliedert. Da hier eigentlich gar kein Verbauen durch Emporen 
stattfindet, so ist natürlich das gesammte Innere von einer grossartig freien 
Wirkung. Noch bedeutender indess erscheint mir hier das Aeussere des 
Gebäudes, welches (mit theilweiser Ausfüllung der Ecken zwischen den 
Armen des Kreuzes) eine aufstrebende achteckige Gestalt gewinnt, über 
der sich in der Mitte der Rundbau erhebt. Hier spricht sich in allen 
Theilen jene heitere Würde aus, von der ich oben sprach; hier ist die 
schönste, durchgreifendste Vermählung der classischen Sinnesweise mit 
denjenigen Formen, die unsre Zeit für die Zwecke der religiösen Baukunst 
in Anspruch zu nehmen scheint; hier tritt uns wiederum ein architektoni- 
scher Styl entgegen, der vollkommen classisch ist, der aus den Werken 
der Griechen seine erste Nahrung, seine Kraft empfangen hat, und der 
doch ein neuer und eigenthümlicher, ein den veränderten geistigen Be- 
dürfnissen der Zeit angemessener ist. 
Gewiss werden die Beispiele einer neuen Umgestaltung der Architek- 
tur, die Schinkel in diesen Entwürfen gegeben hat, nicht ohne entschie- 
denen Einfluss auf seine Nachfolger bleiben. Wie ungleich bedeutend, 
wie viel mehr ergreifend und kräftigend aber würde ihre Einwirkung sein, 
wenn es ihnen vergönnt worden wäre, in körperlicher Existenz unmittel- 
bar in das Leben hineinzutretenl Dies sollte indess nicht stattfinden. 
Schon waren zwei dieser Entwürfe (der zuerst genannte in der Basiliken- 
form und der erste der drei zuletzt besprochenen) zur Ausführung gewählt, 
schon die Fundamente zu dem einen derselben gelegt, als Schinkel den 
Auftrag erhielt, statt dieser zwei Kirchen vier kleinere von ziemlich über- 
einstimmendem Grundplane, aber verschieden in der äusseren Gestalt, zu- 
gleich ohne Erhöhung der Gesammtkosten. aufzuführen. Hier musste also 
Alles wieder auf eine möglichst einfache Weise eingerichtet werden. Das 
zwei und zwanzigste Heft enthält die Entwürfe, nach denen diese vier 
Kirchen aufgeführt wurden, das vier und zwanzigste Heft die inneren An- 
sichten von zweien derselben. Der Hauptanlage nach sind es sämmtlich 
Basilikeu mit Emporen an den Seiten. Am meisten Kirchliches finde ich 
wiederum in denen von ihnen, deren Fenster und Thüren im Rundbogen 
überwölbt sind, und besonders in der einen, welche zu Moabit (bei Berlin) 
gebaut worden ist. Hier erscheint nemlich nicht bloss das gesammteAeussere, 
vornehmlich die Facade, in einer freien Würde, sondern auch das Innere 
hat bei einfachen Mitteln ein eigenthümlich feierliches Gepräge erhalten. 
Sie ist nernlich im Innern nicht (wie die andern Kirchen) mit einer hori- 
zontalen Bretterdccke abgeschlossen; statt deren liegen die geneigten Dach- 
flächen und das Balkenwerk derselben offen vor dem Auge des Beschauers 
da. Aber die Hauptstreben dieses Balkenwerkes sind in grossen Bund- 
bögen quer über die Kirche geführt, wodurch wiederum diese grossartigc 
Form vorherrschend bleibt und sich harmonisch den Formen der Altar- 
nische und der Fenster anschliesst. Im Ganzen erscheint somit auch hier 
jene neue Durchbildung der Architektur vorherrschend, und es dürfte 
gerade dies Gebäude für Kirchen von ähnlich kleiner Dimension als höchst 
nachahmungswürdig zu betrachten sein.
	        
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