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Friedrich Schlnkel.
Karl
Die Decke nemlich wird hier durch grosse Bogenstellllngen unterstützt,
zwischen denen die zwiefachen Emporen eingebaut sind, so dass diese
mit der Altarnische correspondirende Anordnung auf kräftige Weise vor-
herrschend bleibt. Hiemit verwandt erscheinen diejenigen Einrichtun-
gen, durch welche Schinkel dem Innern der Johanniskirche zu Zittau
(Heft XXVII), bei dem neuerlich erfolgten Umbau derselben, ein wür-
digeres Gepräge zu geben gewusst hat.
In der Reihe der eben besprochenen Entwürfe ist indess im Allge-
meinen, mehr oder minder, eine grosse Einfachheit vorherrschend. Eine
reichere Durchbildung, die in einzelnen Beispielen wiederum zu den
merkwürdigsten Resultaten für SchinkePs Umgestaltung der clnssischen
Elemente führt, tritt uns in einer zweiten Folge von Kirchenplänen ent-
gegen, die in dem ebengenannten vierzehnten und in den beiden folgen-
den Heften enthalten sind. Es sind fünf Pläne, welche von Schinkel, um
eine reichere Auswahl darzubieten, für zwei in den Vorstädten Ber-
lins zu bauende Kirchen entworfen wurden. Doch scheinen mir die
beiden ersten von ihnen ebenfalls noch von einer minder hervorstechenden
Bedeutung. Der eine (der zweite in der Folge) ist nemlich wiederum eine
Basilika, aber im Innern mit drei Stellungen dorischer Säulen übereinan-
der, Was natürlich, wenn es auch für die Gewinnung zahlreicher Emporen
zweckmässig ist, doch die ruhige Erhabenheit des Eindruckes auf gewisse
Weise beeinträchtigt. Der zweite Entwurf (der erste in der Folge) hat
im Aeussern, an den Fenstern und Thürcn, eine durchgeführte Bogen-
architektur, die im Wesentlichen mit dem bei dem Hamburger Schauspiel-
hause angewandten Systeme übereinstimmend ist. Im Innern ist auch hier
eine zwiefache Reihe von Emporen angeordnet, deren ganzes Gerüst aber,
selbst mit Einschluss der Stützen, aus Eisen construirt ist, höchst
zweckmässig für den Bedarf, aber eben, da dieser ganz vorherrschend ist,
um so weniger für eine erbauliche Stimmung der Gemeinde wirkend, wozu
hier freilich noch der Umstand kommt, dass durch dies Gerüst die Fen-
sterarchitektur vielfach durchschnitten wird, somit für das Innere ohne
eine höhere ästhetische Wirkung bleibt.
Wesentlich verschieden von diesen beiden Entwürfen sind die drei
folgenden. An ihnen treten. wenn auch durchweg auf jene äussern Bedürf-
nisse eine besondere Rücksicht genommen ist, grossartigere Hauptformen,
den Haupteindruck des Ganzen bestimmend, hervor, Formen, in denen
sich, wie es mir scheint, religiöse Würde und ein klares, heiter erhabenes
Lebensgefühl in schönstem Maasse vereinigen, in denen zwischen der ab-
geschlossenen Ruhe des Griechischen und dem geheimnissvollen Drange
des Gothischen die befriedigendste Mitte gehalten ist. Der erste dieser
Entwürfe (Heft XV) hat mit dem zuletzt besprochenen in der Hauptanlage
einige Aehnlichkeit: auch er behält die Grundform der Basilika bei. und
die zwiefache Reihe seiner Emporen wird ebenfalls durch ein leichtes, aus
Eisen construirtes Gerüst gebildet. Die Decke dieser Kirche ist aber nicht
horizontal, sondern sie besteht aus leicht gespannten Kreuzgewölben, die
von den schlanken Stützen jenes Gerüstes getragen werden; indess kann
ich mich nicht überzeugen, dass, wie praktisch ausführbar und äusserlich
zweckmässig auch diese Einrichtung sein mag, hiedurch ein harmonisches
oder gar ein organisches Verhältniss zwischen Gewölbe und Stützen wurde
hervorgebrachtvwerden. Wichtiger scheint mir, dass das ganze Gerüst so
angeordnet ist, dass es die Wirkung der Fenstcrarcltitelitur, und nament-