Kirchenpläue.
Schinkefs
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hervorbringt, ist neu, überraschend; aber die klare Gesetzmässigkeit des
Ganzen wirkt befriedigend auf das Auge des Beschaners; der Reichthum
des Einzelnen, des architektonischen Details sowohl, wie der geistreich
erdachten und in schönster Anmuth ausgeführten Sculpturen, hält das
Interesse stets lebendig; und wenn wir uns zum Bewusstsein bringen, was
vor Allem in der Anlage des Gebäudes auf unser edleres Gefühl wirkt, so
ist es eben wiederum der griechische Geist, der auch hier, obgleich in
verwandelter Gestalt, zu uns spricht. Das Gebäude der Bauschule scheint
mir in diesem Bezuge ein ebenso merkwürdiges Erzeugniss der neueren
Architektur, wie es das Berliner Schauspielhaus in der oben angegebenen
Rücksicht ist.
Kirchenpläne.
Ich habe bisher absichtlich nicht von Schinkel's Kirchenplänen ge-
sprochen. Ich hätte dieselben eigentlich an den Beginn dieser Uebersicht
setzen müssen, da der Bau des Gotteshauses, nach derjenigen Ansicht,
welche durch den ehrwürdigen Gebrauch vieler Jahrtausende seit der
Mensch zuerst seine Gedanken an eine feste Stätte zu knüpfen begann
sanctionirt ist, als die höchste Aufgabe der Architektur betrachtet werden
muss. Denn bei dem Bau des Gotteshauses, als eines solchen, fallen alle
die unendlichen äusseren Bedingungen, die fast bei allen übrigen Anlagen
zu überwinden sind, hinwegfsein Zweck ist im Wesentlichen ein idealer;
es soll vornehmlich dazu dienen, unser Gemüth über die Gedanken des
lrdisehen emporzuheben, die Stimmung unsres Inneren zu läutern und zu
verklären, durch seine unmittelbare Umgebung uns bereit machen, den
Gedanken der Heiligung in uns aufzunehmen. Aber diese Aufgabe ist für
den Architekten unsrer Zeit leider eine allzu seltene. Die Kirchen, die
wir, zumal in den protestantischen Landen, bauen, haben nicht in sich
selbst ihren Zweck; dies sind nur Häuser für die Predigt: möglichst klein,
möglichst viel Menschen fassend, möglichst bequeme Sitzplätze durbietend,
möglichst berechnet auf die Gesetze der Akustik, und gewöhnlich auch,
ich muss es hinzusetzen, möglichst wohlfeil ausführbar. Alles dies sind
freilich, fasst man nur den Einen Zweck der Predigt, oder nur ihn als die
Hauptsache, ins Auge, sehr anerkennungswürdige Bedürfnisse; aber es sind
Bedürfnisse, die wiederum die Freiheit des Architekten oder vielmehr das
Gesetz (das innerliche) der Kunst wesentlich beeinträchtigen; ihnen vor-
zugsweise nachfolgend wird eine Kirche der Art in künstlerischer Bezie-
hung selten mehr als nur einen negativen Werth haben können, den nem-
lieh, nicht erniedrigend, wie leider auch häufig genug, auf den Sinn des
Beschauers zu wirken; eine positive, selbständige Wirkung, wie die 1m
Obigeu angedeutete, wird sie schwerlich auszuüben vermögen oder sich, im
günstigsten Falle, nur auf mehr untergeordnete Weise einer Snlchen annähern
können. Doch ist hier nicht der Ort, diesen Gegenstand nach seiner ganzen
Bedeutung zu besprechen. Nach alledem ist es übrigens leicht erklär-
lich, dass unter Schinkel's architektonischen Entwürfen (die, wie bemerkt,
stets für bestimmte gegebene Zwecke ausgearbeitet sind), nur wenig Kirchen-
plänc vQn einer, die höchste Aufgabe erfüllenden Bedeutung 3101159135191),