Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

Kirchenpläue. 
Schinkefs 
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hervorbringt, ist neu, überraschend; aber die klare Gesetzmässigkeit des 
Ganzen wirkt befriedigend auf das Auge des Beschaners; der Reichthum 
des Einzelnen, des architektonischen Details sowohl, wie der geistreich 
erdachten und in schönster Anmuth ausgeführten Sculpturen, hält das 
Interesse stets lebendig; und wenn wir uns zum Bewusstsein bringen, was 
vor Allem in der Anlage des Gebäudes auf unser edleres Gefühl wirkt, so 
ist es eben wiederum der griechische Geist, der auch hier, obgleich in 
verwandelter Gestalt, zu uns spricht. Das Gebäude der Bauschule scheint 
mir in diesem Bezuge ein ebenso merkwürdiges Erzeugniss der neueren 
Architektur, wie es das Berliner Schauspielhaus in der oben angegebenen 
Rücksicht ist. 
Kirchenpläne. 
Ich habe bisher absichtlich nicht von Schinkel's Kirchenplänen ge- 
sprochen. Ich hätte dieselben eigentlich an den Beginn dieser Uebersicht 
setzen müssen, da der Bau des Gotteshauses, nach derjenigen Ansicht, 
welche durch den ehrwürdigen Gebrauch vieler Jahrtausende  seit der 
Mensch zuerst seine Gedanken an eine feste Stätte zu knüpfen begann  
sanctionirt ist, als die höchste Aufgabe der Architektur betrachtet werden 
muss. Denn bei dem Bau des Gotteshauses, als eines solchen, fallen alle 
die unendlichen äusseren Bedingungen, die fast bei allen übrigen Anlagen 
zu überwinden sind, hinwegfsein Zweck ist im Wesentlichen ein idealer; 
es soll vornehmlich dazu dienen, unser Gemüth über die Gedanken des 
lrdisehen emporzuheben, die Stimmung unsres Inneren zu läutern und zu 
verklären, durch seine unmittelbare Umgebung uns bereit machen, den 
Gedanken der Heiligung in uns aufzunehmen. Aber diese Aufgabe ist für 
den Architekten unsrer Zeit leider eine allzu seltene. Die Kirchen, die 
wir, zumal in den protestantischen Landen, bauen, haben nicht in sich 
selbst ihren Zweck; dies sind nur Häuser für die Predigt: möglichst klein, 
möglichst viel Menschen fassend, möglichst bequeme Sitzplätze durbietend, 
möglichst berechnet auf die Gesetze der Akustik,  und gewöhnlich auch, 
ich muss es hinzusetzen, möglichst wohlfeil ausführbar. Alles dies sind 
freilich, fasst man nur den Einen Zweck der Predigt, oder nur ihn als die 
Hauptsache, ins Auge, sehr anerkennungswürdige Bedürfnisse; aber es sind 
Bedürfnisse, die wiederum die Freiheit des Architekten oder vielmehr das 
Gesetz (das innerliche) der Kunst wesentlich beeinträchtigen; ihnen vor- 
zugsweise nachfolgend wird eine Kirche der Art in künstlerischer Bezie- 
hung selten mehr als nur einen negativen Werth haben können, den nem- 
lieh, nicht erniedrigend, wie leider auch häufig genug, auf den Sinn des 
Beschauers zu wirken; eine positive, selbständige Wirkung, wie die 1m 
Obigeu angedeutete, wird sie schwerlich auszuüben vermögen oder sich, im 
günstigsten Falle, nur auf mehr untergeordnete Weise einer Snlchen annähern 
können. Doch ist hier nicht der Ort, diesen Gegenstand nach seiner ganzen 
Bedeutung zu besprechen.  Nach alledem ist es übrigens leicht erklär- 
lich, dass unter Schinkel's architektonischen Entwürfen (die, wie bemerkt, 
stets für bestimmte gegebene Zwecke ausgearbeitet sind), nur wenig Kirchen- 
plänc vQn einer, die höchste Aufgabe erfüllenden Bedeutung 3101159135191),
	        
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