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Karl Friedrich Schinkel.
Wenn bei der Anlage der eben genannten Gebäiule das äussere Be-
dürfniss vorherrschend war und es nicht die ausschliessliche Absicht sein
konnte, dieee1ben in einer höheren künstlerischen Durchbildung erscheinen
zu lassen, so sind ferner jedoch einige andre Gebäude und Entwürfe zu
besprechen, in denen die grössere Freiheit des ländlichen Verkehrs,
für den Sie bestimmt sind, der eignen Freiheit des Künstlers wiederum
einen weiteren Spielraum gewährte. In mannichfach wechselnder Anwen-
dung, bald ernster und gemessener, bald. heiterer und spielender, weiss
Schinkel in diesen Anlagen aufs Neue die Beispiele einer klassischen Ge-
staltung dessen, was die Gegenwart bedarf, vorzuführen, dem Leben des
Tages durch eine solche Gestaltung seiner Umgebungen gewissermaassen
einen höheren Werth zu verleihen. Dahin gehören: das grossartig impo-
nirende Schloss Krzescowice (Heft VII); das so anmuthvolle, wie interes-
sante Schlösschen nebst Casino, dem Prinzen Karl gehörig, zu Glienicke
bei Potsdam (Heft XXVIII); das Gesellschaftshaus, welches im Friedrich-
Wilhelms-Garten bei Magdeburg erbaut wurde (Heft XVI); der Umbau
des Schlösschens Tegel (für Wilhelm von Humboldt, Heft lV), und der
von Charlottenhof, einem Sr. Majestät dem jetzigen Könige zugehörigen,
bei Potsdam gelegenen Landhause (Heft XVlll). Eine eigenthümliche
Anlage, die Gebäude einer Gärtnerwohnung, denen sich Säulen- und
Pfeilerstellungen, kleine Pavillons und Aehnliches anreihen (Heft XXIV),
wurde in der Nähe des letztgenannten Gebäudes (zu derselben Besitzung
gehörig) ausgeführt. Durch plastische Zierdeu und springende Wasser,
durch Blumenbeete und Laubgänge belebt, von kleinen Seen, Canälen und
Baumpartieen umgeben, bildet diese Anlage ein Ganzes von der eigen-
thümlichsten malerischen Wirkung; der reichste Wechsel von Bildern
eines idyllischen Lebens zieht beim Aufenthalte in diesen Räumen vor
dem Auge des Beschaners vorüber. Und auch hier sind es die klaren
Formen und Verhältnisse der classischen Kunst, die alle Theile dieser
Anlage, selbst die einfachsten und unscheinbarsten, aufs Merkwürdigste zu
den Zeugnissen einer edlen Bildung, einer höheren Gesittung des Lebens
ausprägen. Schinkel hat in dieser Anlage ein Beispiel für die anmnthvolle
Gestaltung einfacher Landwohnungen, für die früherhin nur barbarische
Formlosigkeit beliebt war, gegeben, welches bei den Nachfolgern seiner
Richtung schon mannigfach erfreuliche Früchte getragen hat. (Von dem
Entwurf eines zweiten, in völlig antikem Style gehaltenen Landhauses für
Charlottenhof ist bereits oben gesprochen.) Endlich ist hier noch das
im Posenschen für den Fürsten Radziwill erbaute Jagdschloss Antonin
(Heft IV) anzuführen. Ganz in Holz aufgeführt und die Eigenthümlich-
keiten einer solchen Construction auf keine Weise verläugnend, zeigt sich
auch in den Formen dieses Gebäudes eine reine classische Durchbilduug,
während zugleich das Ganze desselben, seinem Zwecke gemäss, wieder-
um einen eigenthümlichen Eindruck gewährt. l)
Zu den Werken SchinkeTs, die ein möglichst vollkommenes Zurückgeheu
auf antike Bauanlage und Formenbehandlung aussprechen, gehören namentlich
noch, schon der Natur der Aufgabe nach, seine merkwürdigen Restaurationen
von Plinius Tuscum und Laurentinum, welche in dem "Architektonischen
Album, redigirt vom Architekten-Verein zu Berlin", Heft VII, erschienen sind.