Karl
Friedrich
Svhinkel.
reinste Geist des classisehen Alterthums aus 1). Gleichwohl sind selbst
hier gewisse Motive wahrzunehmen, die wiederum auf eine besondere
Weise die Aneignung der griechischen Formen für das heutige Bedürfniss
erkennen lassen. Diese bestehen eines Theils darin, wie die Säulenhalle
sich als ein integrirender Theil einem massiven Ganzen einordnet und
nicht, wie gewöhnlich im Griechischen, einen hlossen Vorbau desselben
bildet. Nirgend verliert man bei der Betrachtung des Gebäudes das Ge-
fühl, welches der Eindruck jener grösseren Masse hervorbringt. Dies
wird vornehmlich durch den grössereu Unterbau, durch die breiten NVand-
pfeiler, welche die Halle auf beiden Seiten abschliessen und durch die
stärkere Bekrönung bewirkt, indem statt der feinen Stirnziegel, welche
sonst bei der griechischen Architektur üblich sind, die mehr imponirenden
Gestalten der Adler (auf das preussische Wappen anspielend) auf einer
kleinen Attika über dem Kranzgesimse, und noch grössere plastische Ge-
stalten über den Ecken desselben angeordnet sind. Auch dient der über
der Mitte des Gebäudes emporsteigende viereckige Schutzbau der Kuppel
(welche den mittleren Raum der ganzen Anlage bedeckt) dazu, das Gefühl
der Masse stets vorherrschend zu erhalten. Anderen Theils ist die von
aussen sichtbare Verbindung der Halle mit den innern Räumen des Mu-
seums für dieselben Zwecke wirksam: ich meine die zweite Reihe von
vier Säulen hinter der Mitte der ersten und die hinter jener befindlichen
offenen Treppenräume, die zugleich, aus dem Innern, eine eigenthümlich
malerischeAussicht durch die Zwischenräume der Säulen auf den Platz vor
dem Museum und auf die umgebenden Prachtgebäude gewähren. Uebri-
gens hatte die Halle selbst den Zweck, das Gebäude des Museums dieser
Umgebung auf eine würdige Weise anzureihen oder vielmehr der ganzen
grossartigen Lokalität einen bedeutsamen Abschluss zu geben, zugleich
aber auch einen Raum herzustellen, der schon an sich zum edelsten Ge-
nusse einladend wirkte, der als ein Zeugniss der freieren Cultur unsrer
Zeit dastände und in dem die Denkmale verdienstvoller Männer, gegen
die Witterung geschützt, errichtet werden könnten. Wir sehen der frohen
Hoffnung entgegen, dass alles dies gegenwärtig zur Ausführung kom-
men wird, vornehmlich die Composition der grossen Frescogemälde, die
von Schinliels eigener Hand bereits entworfen, die sämrntlichen Wände
beider Hallen schmücken und die Bedeutung des Gebäudes in tiefsinniger
Bilderschrift aussprechen sollten. lch komme auf diese merkwürdigen
Arbeiten weiter unten zurück. Nichtvminder interessant, wie diese ge-
sammte Facade, ist die Architektur der innern Räume des Museums, vor
Allem die von jener Kuppel bedeckte Rotunde. Hier schliessen sich die
griechischen Formen aufs Schönste und wie kein zweites Beispiel bei
ähnlichen Anlagen zu finden sein tiürfte der Architektur des Gewölbes
(mit der sie unmittelbar nie in eine harmonische Verbindung zu brin-
gen sind) an. Das grandiose Kuppelgewölbe hat seine feste Lage über
der cylinderförmigen Umfassungsmauer; frei vor dieser läuft ein Kreis von
1) Nur Einer störenden und ungriechischen Anordnung kann ich nicht um-
hin zu erwähnen. Ich meine die der cyolossalen Buchstaben der Inschrift im
Friese, deren Form und Schwere in hartem Widerspruch gegen die zierlich leich-
ten architektonischen Details stehen. Bei den Griechen, und zumal in der
weichen ionisehen Bauweise", hat der Fries nur die Bedeutung eines Dekora-
tionstheiles.