SchinkePs
im antiken
Werke
Architekturstyle.
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grössere und kleinere Gartenhöfe, zumeist mit schattigen Säulenhallen um-
geben, angeordnet, öffnen sich die bedeutendsten Räume ebenfalls durch
freie Säulenstellungen gegen diese Höfe, ziehen sich auch im Aeusseren
des Schlosses fast überall Säulenhallen umher, welche kühlenden Schatten
vor den Wänden der Gemächer verbreiten. Die ganze Anlage gemahnt
uns an die grosse Anmuth, in welcher das häusliche Leben des Alter-
thums soweit davon Kunde auf unsre Zeit gekommen sich bewegte;
oder, um ein bekannteres Bild zum Vergleiche hinzustellen, an den Zau-
ber, mit dem die Räume des maurisehen Königschlosses der Alhambra den
Reisenden erfüllen und den auch wir in den Abbildungen derselben nach-
zufühlen vermögen. Aber statt des phantastischen Schmucke-s, der die
Räume der Alhambra, das Auge des Beschauers verwirrend, erfüllt, tritt
hier die klare Gesetzmässigkeit des griechischen Architekturstyles, wel-
cher durch den gesammten Säulenbau motivirt und, wie bemerkt, durch
die Nähe der antiken Monumente bedingt wird, ebenso befriedigend wie
erheiternd überall hervor. Bei alledem indess fehlte es, besonders im
Innern der Hauptsäle, nicht an mannigfacher Gelegenheit, wünschenswerthe
Resultate auch durch neue Bildungen im griechischen Sinne zu erreichen.
Als die Entwürfe zu dieser merkwürdigen Anlage (Schinkel hatte den
Auftrag dazil, wenn ich nicht irre, im J. 1834 erhalten) vollendet waren,
riefen sie bei Allen. die sie sahen, einen förmlichen Enthusiasmus hervor:
für die Akropolis Athens und für ihre Monumente, die vom Leben der
Gegenwart abgetrennt, nur ein Kapitel des archäologischen Studiums aus-
machen können, schien hiedurch ein schöner Tag der Verjüngung an-
gebrochen. Die Ausführung, wie bekannt, ist unterblieben.
Als eine Anlage von verwandter Beschaffenheit erscheint der Entwurf
zu einem Landhause, welches im Auftrage Sr. Majestät des jetzt regie-
renden Königs von Preussen unfern von Charlottenhof (im Park von
Sanssouci, bei Potsdam), ausgeführt werden sollte._ Der Entwurf findet
sich im letzten (im XXVIII.) Hefte von Sehinkels grösserer „Sammlung
architektonischer Entwürfe". In den Dimensionen und in der Anzahl der
Räumlichkeiten allerdings, wie es die äussere Bestimmung mit sich brin-
gen musste, von dem griechischen Königsschlosse abweichend, lässt gleich-
wohl auch dieser Plan ein nicht minder geistreiches und lebenvolles
Eingehen auf die särnmtlichen Bedingnisse der antiken Architektur und
ihrer Zusammenordnung zu einem malerisch entwickelten Ganzen erken-
nen. Ja, fast noch in einem höheren Grade, als die vorgenannten Blätter.
Es scheint nemlich die bestimmte Absicht gewesen zu sein, hier das Bild
einer völlig antiken Villa, mit all denjenigen Einrichtungen, welche das
Leben des classischen Alterthums so anmuthvoll und so behaglich gestal-
teten, neu belebt in die Gegenwart einzuführen. Ein Säulen-Porticus führt
in das Atrium des Gebäudes, zu dessen Seiten zwei gewölbte Rundsäle,
im Inneren einen kühlen Aufenthalt für die Tage des Sommers gewährend,
im Aeusseren durch ihre emporragende Gestalt die Gesammt-Anlage be-
herrschendi angeordnet sind. Dem Atrium schliesst sich das 'l'ablinurn
an; diesem der mit einem zierlichen Peristyl umgebene Hof, und dem
letztern das Viridarium, welches ebenfalls von luftigen Säulengängen ein-
geschlossen wird. Aber das Alles ist nicht etwa nüchtern und trocken
nach den Regeln, welche wir in den alten Schriftstellern über solche
Anlagen vorfinden, und wie unsre architektonischen Handbücher uns der-
gleichen vorzuführen pflegen, allfäezeidlnetw Vielmehr auf eine S0 indivi-