Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

läiographisclmes. 
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Schinkcl erfreute sich des Verhältnisses zu Friedrich Gilly zwar nicht 
lange Zeit, denn schon im August 1800 starb sein Meister, wenig über 
neun und zwanzig Jahre alt; doch war dasselbe ohne Zweifel von dem 
entscheidensten Eintlusse auf seine ganze Zukunft. Fr. Gilly ist einer 
derjenigen, welche mit grösster Genialität und mit glücklichstem Erfolge 
gegen die verdorbene Geschmacksrichtung des achtzehnten Jahrhunderts 
angekämpft, welche zuerst die Reinheit und die Würde der griechischen 
Kunst als Grundlage des höheren architektonischen Studiums hingestellt 
haben. Seine architektonischen Werke (verschiedene Privatgebäude in 
Berlin und in der Umgegend rühren von ihm her) zeichnen sich, im Ge- 
gensatz gegen die I-Iaarbeutelformen seiner Vorgänger, durch eine ernste 
Einfalt aus; mit demselben Geiste war er bemüht, die Leistungen des 
Handwerkes zu einer edleren Schönheit durchzubilden. Zugleich war er 
ein bedeutender Meister im Fache der bildenden Kunst; nicht bloss in der 
landschaftlichen Darstellung von Architekturen, auch in historischen Com- 
positlonen hat er Ausgezeichnetes geleistet. Das Geschick, welches ihn zu 
früh hinwegraffte, hat nichts von seinen grösseren selbständigen Entwürfen 
ausgeführt auf die Nachwelt kommen lassen; ich kann mich hier, zur 
Bezeichnung seiner merkwürdigen Darstellungsweise kaum auf etwas An- 
deres berufen, als auf seine malerischen Ansichten des Schlosses Marien- 
burg in Preussen, deren grossartig kühner Vortrag in dem von Frick 
herausgegebenen Prachtwerke über dasselbe vortrefllich nachgeahmt ist. 
Auch kann ich hinzufügen, dass er seinen Freund Gentz bei dem Bau des 
Münzgebäudes zu Berlin fördernd unterstützte, und. dass namentlich der 
ilrsprüngliche Entwurf für die Darstellungen des grossen Fricses am Aeus- 
seren dieses Gebäudes, der von Schadow mit Abänderungen ausgeführt ist, 
von ihm herrührt. Die lälätter- eines seiner grossartigsten Entwürfe, ein 
Denkmal Friedrichs des Grossen enthaltend, werden im Locale der Ober- 
Bandeputation zu Berlin aufbewahrt. Levezow hat in einer schönen 
Denkschrift (1801) die Hauptmomente seines künstlerischen Verdienstes 
und seiner persönlichen Eigenschaften zusammengefasst; seine Büste findet 
sich, zur steten Erinnerung an das, was die Gegenwart ihm schuldig ist, 
in einem der Lehrsiile der Berliner Kunstakademie aufgestellt. 
Die Ideen, zu denen sich Gilly in der kurzen Bahn seines künstleri- 
schen Wirkens emporgearbeitet hatte, gingen auf Schinkel als eine schöne 
Grundlage für weitere Bestrebungen über: die Hoffnungen, zu denen jener 
einen so begründeten Anlass gegeben hatte, sollten durch einen Schüler, 
der ihm weder an lebendigem Sinne für den Ernst der Schönheit, noch 
an Energie des Willens und ausgebreitetem Talente nachstand, erfüllt 
Wßfdßll- Zünäßhät diente der plötzliche Tod des Meisters dazu, Schinkel 
in eine ausgedehnte Praxis einzuführen und ihm so eine reiche Uebung 
Seiner künstlerischen Kräfte zu gewähren. Gilly hatte ihm nemlichi als 
er die Badcrcise antrat, auf welcher sein Tod erfolgte, die Lcitunglseiner 
architektonischen Geschäfte übertragen, und Schinkel wurde nunmehr, nach 
Gilly's Tode, veranlasst, diese Arbeiten selbständig fortzuführen. Neben 
diesen praktischen Arbeiten setzte Schinkel übrigens auch das theoretische 
Studium der Bauwissenschaften, auf der Bauakademie zu Berlin, fort. 
Als ein zweites Moment in der Bildungsgeschichte'Schinkel's ist eine 
grüsserc Reise nach Italien, die er im Jahre 1803 antrat, zu nennen. 
Ueber Dl-esdßn, Prag, Wien ging er nach Triest, durehforschte zunächst 
die Denkmäler von lstrien, besuchte Sodann Vcncdig, Florenz und Rom,
	        
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