deutscher
Album
Künstler
Origi n al-Radirungen.
301
ten Vorsicht gestattet sein (wir erinnern an das Minimum der Schwellung,
welches bei der griechischen Säule angewendet wurde); keinesfalls kann
hiedurch eine der ganzen Bedeutung der Gestalt widersprechende Schwere
in Form und Bewegung gerechtfertigt sein.
Endlich haben wir auch gegen den projectirten Unterbau. wie sich
dieser auf einem uns vorliegenden Umrissblatte zeigt, Einiges einzuwen-
den. Dieser wird nemlich durch einen festen, cylinderförmigen Kern ge-
bildet, über dem das Standbild ruht, und der durch eine kolossale Säulen-
stellung umgehen ist. Die Architektur der letzteren kann man als ein
rohes Spätgothisch bezeichnen. Wozu aber diese Bauform, die uns"?
Gedanken gleich an eine anderweitig bestimmte Periode, und zwar an die
des spätesten Mittelalters fesselt? Wozu aufs Neue diese architektonische
Spielerei, die in den Formen einer ausartenden Kunst die Ursprünge des
heimatlichen Formensinnes zu entdecken wähnte? Warum nicht eine ge-
diegen durchgebildete, eine wirkliche Architektur, wie sie der constructive
Zweck bedingt? Denn in der That, die rohen, unbehauenen Säulen, über
denen sich hier die schweren Spitzbögen erheben sollten, sind so wenig
auf irgend eine Weise historisch bezeichnend, wie sie was noch viel
wichtiger ist irgend eine künstlerische Geltung haben, können. Das
Monument aber soll nicht bloss an die Zeit des Gefcierten erinnern, es
soll auch zur Ehre derjenigen Zeit, welche dies Denkmal gründete,
dastehen.
Ob schliesslich der Unterbau nicht, im Verhältniss zu der Gestalt (be-
sonders für nahe Gesichtspunkte), zu weit vor-trete, 0b es nicht vielleicht
besser sei, die Statue noch durch einen höheren Untersatz über die Archi-
tektur des Unterbaues zu erheben, mag hier, da uns die Lokalität unbe-
kannt ist, dahingestellt bleiben.
Möge man diese Worte nur als das aufnehmen, was sie sind: als aus
dem lebendigsten Interesse für eine Sache hervorgegangen, welche die
Theilnahme eines jeden Deutschen erwecken muss. Es scheint billig, dass
über ein Unternehmen, welches nicht einen einzelnen Punkt des Vater-
landes allein angeht, sondern für welches die Mitwirkung aller Kräfte
desselben in Anspruch genommen wird, vor der Ausführung auch eine
freie Berathung, eine freie Abgabe der Stimmen und eine Berücksichtigung
derselben stattünde. Möge man diese Worte als eine einzelne Stimme
solcher Art betrachten undsie, in Bezug auf ihre Gültigkeit oder Ungül-
tigkeit prüfen.
Original-Radirungcn. Lief.
Julius Buddeus. 1839. F01.
Album deutscher Künstler in
u. ll. Düsseldorf, Verlag von
WVir dürfen es als eine der wahrhaft erfreulichen Aeusserungen in
dem Kunststreben unsrer Tage betrachten, dass die Kunst des Radirens,
die seit geraumer Zeit, im Verhältniss zu den übrigen künstlerischen Ver-
vielfältigungs-Mitteln, in (ien Hintergrund getreten war, sich wiederum
einer mehr undpmehr verbreiteten 'l'heilnahme, einer mannigfachen An-