Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Berichte, Kritiken, 
Erörterungen . 
damit die horizontalen Gesimse (diese vornehmlich durch die flache Decke 
im lnnern motivirt) auf eine sehr harmonische Weise. Hiedurch entsteht 
ein ruhiger, klarer Einschluss der Bogenformen, überhaupt der Eindruck 
einer gemessenen Solidität, welcher dem kühnen Schwunge der Bögen auf 
eine wohlthuende Weise das Gleichgewicht hält. In entsprechender Weise 
sind denn auch die anderweitigen Einzelheiten, besonders die Contreforts 
und die Eckthürrne (welche letzteren sich oberwärts leicht verjüngen) be- 
handelt und gegliedert. Nur Flins schien dem Referenten in einem ge- 
wissen Widerspruch mit dem schönen Organismus des Ganzen zu stehen, 
 das Stabwerk der Fenster; dasselbe schliesst sich theils den grossen 
Bogenwölbungen nicht recht harmonisch an, theils stimmen die darin 
reichlich angebrachten gothisirenden Rosetten wohl nicht ganz mit den im 
Uebrigen vorherrschenden Hauptformen. Doch ist dieser Umstand nicht 
von der Art, dass er den grossartigen und erhebenden Eindruck des Gan- 
zen wesentlich beeinträchtigt. 
Der Platz, auf dem die Börse errichtet werden sollte, war gegeben; 
der Verfasser hat seinen Entwurf als auf der Nordseite desselben anzu- 
legen,  die hintere Front unmittelbar am Ufer des den Platz begren- 
zenden Flusses,  angenommen. Indem hiedurch auf der Südseite eine 
grössere Entfernung von den gegenüberstehenden Häusern gewonnen wird, 
entsteht der doppelte Vortheil, dass zu jeder Jahreszeit die Sonnenstrahlen 
sich über das ganze Gebäude, erleuchtend und erwärmend, ausbreiten 
können, und dem Auge des Vorüberwandelnden günstige Punkte zur Be- 
trachtung des Gebäudes dargeboten werden. Auch gab diese Stellung des 
Gebäudes Gelegenheit, vor der Vorderfront desselben eine der Wagenfahrt 
unzugängliche, um vier Stufen über dem Strassenptlaster erhöhte Terrasse 
anzulegen, welche den Börsenverkehr, wie Aehnliches auch an andern 
Orten stattfindet, noch ins Freie auszudehnen gestattet. Beide Vortheile 
waren so überwiegend, dass gegen sie die Gewinnung eines andern:  an 
dieser Stelle eine mangelnde Fahrverbindung zwischen getrennten Stadt- 
theilen herzustellen, zurückstehen musste. (Der Verfasser setzt zugleich 
auseinander, dass eine solche an einer andern Stelle der Stadt günstiger 
einzurichten sein würde.) Zur Verbindung der Hinterfront der Börse mit 
dem jenseitigen Ufer des Flusses hat der Verfasser eine Fussbrücke ange- 
ordnet, welche unmittelbar in die Börsenräume einzuführen und zugleich 
eine weitere Communication zu bewerkstelligen bestimmt ist. Sehr beach- 
tenswerth fügt der Verfasser, im erläuternden Texte, hinzu: "Die meisten 
Börsen der Welt dienen ausser der Börsenzeit als Durchgänge, weshalb 
sollte die unsrige eine Ausnahme davon machen? Solche Hallen sind 
vielmehr dem Publikum, wenn immer möglich, zu öffnen; denn es hat 
etwas Verletzendes, wenn man aus Räumen, welche nur während einer 
einzigen Tagesstunde benutzt werden und dazu noch öffentliches Eigen- 
thum sind, während der übrigen Stunden sich zurückgewiesen sieht, und 
das Gebäude selbst möchte leicht den Eindruck einer leblosen Masse geben. 
Dagegen bietet die Oelfnung der Hallen den angenehmsten Winterspazier- 
gang, und bei freiem Durchgang würde eine edle Architektur auch Dem- 
jenigen, den ein Geschäftsweg in diese Gegend führt, eine wohlthätig an- 
sprechende Abwechselung gewähren. Hat man doch anderwärts solche 
Rücksichten selbst mit der Würde der kirchlichen Architektur nicht un- 
vereinbar gefunden." 
	        
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