Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

Beric 
Kritiken 
Erörterungen 
gegensehen. und wir haben nur zu wünschen, dass sich, da. Hr. Kiss seine 
Arbeit ohne äusseren Anlass unternommen hat, die Gelegenheit zum 
Bronzeguss des Werkes (darauf dasselbe berechnet ist), sowie zur wür- 
digen Aufstellung an einem öffentlichen Orte nicht fehlen möge. 
Die 
Gemälde-Sammlung- des König]. Schwed. u. Norweg. Consuls 
J. H. W. Wagener in Berlin. 
(Vorwort 
Kferzeichniss 
Januar 
derselben; 
1838. 
Die Gemälde-Sammlung, deren Verzcichniss im Folgenden vorgelegt 
wird, ist, nach ihren wesentlichen Beziehungen, der (181115011611 KHIISI 1111Srßr 
Tage gewidmet. Ein verhältnissmässig nur geringer Theil der Sammlung 
(bereits früher der Familie des Besitzers angehörig) begreift Werke von 
Meistern einer um Jahrhunderte älteren Zeit in sich; alles Uebrige besteht 
aus Gemälden, deren Sprache, deren innerliches Lebens-Element uns un- 
mittelbar berührt, deren Urheber  erst wenige von ihnen sind von der 
Bühne des Lebens abgetreten  die Interessen der Gegenwart und die der 
jüngsten Vergangenheit mit uns getheilt haben.  
Die Gegenwart ist ein flüchtiges, räthselhaftes Wesen. In manuigfach 
wechselnden Gestalten rauscht sie an uns vorüber; wir sind nicht im Stande, 
sie zu fassen, die Züge ihres Angesichts klar zu schauen, uns von ihrer 
Eigenthümlichkeit einen deutlich bestimmten Begriff zu machen. Ebenso 
ziehen unsre eignen Neigungen und Bestrebungen uns hier und dort hin; 
und wenn wir es auch mit Ernst uns angelegen sein lassen, einen einzel- 
nen Punkt der Gegenwart festzuhalten, mit ausdauernder Sorgfalt in sein 
Inneres einzudringen, so ist unterdessen wiederum unzähliges Andre ent- 
schwundeu. ist das , was wir gewonnen haben, eben nur ein Fragment. 
Es geht uns mit der Betrachtung der Gegenwart wie mit der eines aus 
zahlreichen Theilen zusammengesetzten, in mannigfachem Wechsel der 
Theile emporgeführten Gebäudes: nicht in der Nähe,  nur erst von 
einem ferneren Standpunkte aus vermögen wir den Total-Eindruck dessel- 
ben in uns aufzunehmen. 
Wenn es indess auch seine Schwierigkeiten hat, aus dem flüchtigen 
Gewebe der Ereignisse und Handlungen, deren bunt verschlungene Fäden 
unser Auge verwirren, ein Urtheil über die Gegenwart zu gewinnen, so 
können wir gleichwohl auf einem andern, einem leichteren und siehreren 
Wege hiezu gelangen. Die Spiegelbilder, welche begabte Geister von den 
vorübereilenden Erscheinungen im günstigen Momente zu erfassen und 
festzubannen verstehen, die Werke, welche aus dem Geiste der Gegenwart 
erschaffen und, in vollendeter Abgeschlossenheit, für die freie Betrachtung 
hingestellt werden, sind es, die uns zu einem Schluss über den Charakter 
und das Wesen der Gegenwart Gelegenheit bieten. Freilich tritt in ihnen 
ein Contlikt zwischen dem allgemeinen Geiste der Zeit und dem besondren 
des schaffenden Individuums hervor; aber der letztere bildet doch eben
	        
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