Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

Karikatur 
der 
Engländer. 
Cruikshanldscher Bilder aufmerksam durchblättert haben, so ist es uns zu 
Muthe, als 0b wir in eine tolle Walpurgisnacht hineingerathen wären, und 
alle das Hexengesindel umtanze uns in wilden Sprüngen. Mitleid ergreift 
uns dann über die einzelnen edleren Gestalten, welche hin und wieder 
zwischen den grinsenden Larven hervortauchen; und gar ist es sinneverwir- 
rend, wenn wir bemerken, dass der ganze aberwitzige Spuk eigentlich aus 
Leuten besteht, die mit uns in einem Dorfe wohnen und die zu anderen 
Zeiten ganz und gar wie ehrliche Leute aussehen. Erhöht wird dieser 
seltsame Eindruck in dem genannten Werke noch durch das fabelhaft steife 
Kostüm des vorigen Jahrhunderts, welches, den dargestellten Scenen ge- 
mäss, in sämmtlichen Bildern wiederkchrt. Das Herauswenden jener un- 
heimlichen diabolischen Seite im Menschen erinnert nicht selten an Hoff- 
mann's Erzählungen; schwerlich würde Cruikshank passendere Anknüpf- 
uugspunkte für seine phantastischen Schöpfungen finden können. 
Diese durch Cruikshank am schärfsten bezeichnete subjective Richtung 
wird auch von andern englischen Karikaturisten mit grösserem oder gerin- 
gerem Glucke verfolgt; zugleich aber auch jene ruhigere objective, welche 
sich mehr darauf beschränkt, die Thorheiten der Zeit zu verspotten. Als 
Ausartung aber müssen wir es bezeichnen, wenn, was ebenfalls nicht all- 
zuselten bei den Engländern vorkommt, beides in ein leeres Vergnügen an 
zwecklos widerwärtigen und hässlichen Bildungen der menschlichen Ge- 
stalt übergeht. In dem „C0mic anuual by Thomas Hood" ist leider, 
neben manchen wahrhaft humoristischen Blättern, ein grosser Theil der 
Holzschnitte also beschaffen.  
Unübertrotfen sind die Engländer in der politischen Karikatur: vielleicht 
weil hier Künstler und Publikum in der schärfsten Wechselwirkung stehen. 
Auch hier wird, wie bei der Karikatur überhaupt, ein Gemeines, ein Be- 
schränktes, an die Stelle des Allgemeinen gesetzt; auch hier kommt es 
darauf an, im Gegensatz gegen eine leitende Idee, zu der hin sich das 
Leben der Völker entwickelt, letzteres lediglich als ein wüstes, thörichtes 
Spiel, dazu es ohne jene Idee wird, darzustellen. Das wissen die Eng- 
länder auf mancherlei Weise zu lösen, zumeist durch den Kunstgriff, 
dass sie die grossen Ereignisse des öffentlichen Lebens auf eine lustig 
allegorische Weise in die Beschränktheiten des Privatlebens herunterziehen. 
Zu den geistreiehsten politischen Karikaturen gehören die Lithogra- 
phieen des „Caricature annual." Schon das Titelblatt des vorliegenden 
Heftes dieser Annalen (1831, vol. 2.) bezeichnet die angegebene Richtung. 
Es stellt, in einem von Reben umschlungenen Rahmen, einen fröhlichen 
Fischer am Ufer eines Baches dar; sämmtliche Fische aber, sowohl die 
bereits gefangenen, als diejenigen, welche noch unten im NVasser umher- 
schwimmen, tragen auf naive Weise Menschenköpfe, und zwar sehr charak- 
teristische Portraits. Die Unterschrift erklärt die Absicht des Zeichners; 
sie dürfte sich etwa so übersetzen lassen: 
Wie Waltonl) einst, der Alte, am sanftgewundenen Bach 
Den Karpfen und Forellen mit Angeln stellte nach, 
Also beliebt es mir, am Strom der Zeit zu sitzen, 
Zu fischen nach den Grillen, Thorheiten oder Witzen 
Von gruss und kleinen Leuten. Schlagt um! so üudet ihr 
Gekocht, was ich geüscht half, auf mancherlei Manier- 
Verfasser 
eines 
berühmten 
alten 
Augelbuches.
	        
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