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Berichte,
Kritiken
Erörterungen.
zeugt vornehmlich von einer gediegenen Herrschaft des Künstlers über
seine Mittel, und einzelne Partieen, wie das beschattete Gesicht jener
alten Dame, sind in ihrer Art, ebenso wie das Ganze, vollendete
Moisterstücke.
Die
Verkläru
Ch
risti
Oelgemälde
VUU
Begas.
Berlin.
(Museum
1831,
lrn Atelier des Herrn Professor Begas sahen wir kürzlich ein so eben
Vollendetes Gemälde, die Verklärung Christi darstellend. Das Bild ist im
Auftrage der kleinen Gemeinde von Krumoels (einem schlesischen Markt-
flecken, in der Nähe von Liebenthal) für den Schmuck der dortigen Kirche
gemalt worden, eine Erscheinung, welche, aller gerühmten Kunstlieb-
haberei unsrer Tage zum Trotz, noch immer zu den namhaftesten Selten-
heiten gehört, die aber, weil sie eine Anerkennung der Kunst in ihrer
höchsten Bedeutung für das Leben bezeugt. auch selbst der höchsten An-
erkennung würdig ist, und die im gegenwärtigen Falle manch einen grös-
seren Ort beschämen muss.
Bei einer Darstellung der Verklärung Christi werden unsre Gedanken
unwillkürlich zu Raphaels letztem Werke zurückgeführt; wie dieser Gegen-
stand in der neuern Kunst nur selten behandelt ist, so scheint es uns,
als ob von dem grossen Meister des sechzehnten Jahrhunderts der noth-
wendige Typus desselben mit um so grösserer Bestimmtheit vorgezeichnet
sei. Aber in Raphaels grossem Gemälde nimmt die Scene der Verklärung
selbst nur einen verhältnissmässig geringen Theil ein, und sie steht in
nüthwendiger Wechselbeziehung zu der unteren Hälfte des Bildes, in wel-
cher uns das Leiden, die Rath- und Hilllosigkeit der irdischen Welt vor-
geführt wird. Andre Verhältnisse mussten eintreten, wo diese Beziehungen
wegfallen. Zwar hat Raphael auch die Auffassung der oberen Scene an
sich nicht willkürlich erfunden, sondern nur ältere, durch längeren Gebrauch
sanctionirte Typen, wie sich diese bereits bei Giotto und noch früher vor-
finden, ausgebildet, Typen, zu denen namentlich das Schweben der drei
verklärten Gestalten und die Art ihrer Gegeneinantlerstelhrng, sowie die
Weise gehört, in welcher die drei Jünger unter ihnen daliegen; doch
kann man auch in dieser Rücksicht bemerken, dass eine solche Auffassung
rlcm wunderbaren Vorgange noch mehr Mystisches giebt, als in den ein-
fachen Worten der Schrift gegeben zu sein scheint, obgleich wir auf keine
Weise in Abrede stellen dürfen. dass, wie schon angedeutet, bei llztphaels
Gesamrnt-Composition, bei dem symbolischen Charakter seines grossen
Werkes, diese Erhöhung des wunderbaren sehr wohl an ihrer Stelle ist.
Die dreifach wiederholte Erzählung der heiligen Schrift von dem Vorgange
der Verklärung hält dagegen das rein menschliche Element fest, sie spricht
nur vom Beten des Erlösers, von seinem Gespräche mit den beiden frem-
den Männern (Moses und Elias) und nur davon, dass sein Gesicht und
seine Gewänder, 'wie auch die der beiden Andern, hell und leuchtend ge-
wesen seien. In ihr hat sich der Erlöser seiner Menschheit, der Schwere