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B erichte,
Erörterungen.
Kritiken,
sen Eindruck sonderlich zu verwischen; namentlich die Facade der Kirche
selbst, mit ihren beiden massiven Glockenthürmen, bringt eine trübe, dumpfe
Wirkung in dem Gemüthe des Beschauers hervor. Nach unten zu hat die
Facade grosse römisch-dorische Wandsäirlen, über deren Gebälk sich die
riesigen Gestalten biblischer Könige erheben; hinter letzteren und bis hoch
an den Giebel empor ist nur eine öde, formlose Fläche, die aber nicht,
wie man es so häufig bei italienischen Domen findet, ursprünglich für eine
anderweitige Dekoration bestimmt gewesen sein kann. Das Blatt, welches
den Patio de los Reyves darstellt, enthält, als reiche Statlage, zugleich eine
militairische Parade und feierliche Kirchenprocession, die dem nordischen
Beschauer ein eigenthümliches Interesse gewährt. S0 ist ferner auch das
Innere derKirche in einem strengen, aller Heiterkeit ermangelnden Style
gebaut. Man hat sie mit der Peterskirche von Rom verglichen, aber es
fehlt ihr die Pracht und der Schmuck dieses Gebäudes; die ganze Archi-
tektur besteht aus nüchternem römisch-dorischem Pilasterwerk, über dessen
gänzlich zierdelosen Friesen die Gewölbe aufsetzen. Die bunten Gewölb-
malereien von der Hand des Luca Giordano reichen nicht hin, diesen
freudelosen Charakter der Architektur, welche fast an Steenwyckßa Gefäng-
nissbilder erinnert, aufzuheben. Zwei Blätter stellen das Innere der Kirche,
von verschiedenen Standpunkten aus, dar; das eine den Hochaltar, das
andre einen der Seitenflügel, in welchem ein eignes Monument von nicht
unbeträchtlicher Grösse, in der Gestalt eines römisch-tierischen Kuppel-
baues, errichtet ist; riesige Kerzen sind hier um die Stufen des Monuments
aufgestellt und verbreiten eine eigenthümliche Beleuchtung durch die wei-
ten Hallen der Kirche, die in diesem einzelnen Falle (als Lithograph er-
scheint hier wiederum ein Franzose, Blanchard) trefflich ausgeführt ist.
Chor und Sakristei, auf besondern Blättern vorgeführt und mit der Dar-
stellung soleuner (Zeremonien angefüllt, sind weniger anziehend; die Sakristei
zeigt mannigfach barocken Schmuck und an ihren Wänden eine Reihe von
jenen Gemälden grosser Meister, die ihrerseits nicht minder für den Ruf
des Eskorials wirksam gewesen sind. Die Gruftkapelle, in welcher die
Könige des Landes seitPhilipp II. ruhen, führt den seltsam stolzen Namen
des Pantheon; hier zeigt sich fast die grösste Pracht der Gesammtanlage;
geschmücktekorinthische Pilaster, zwischen denen Nischen angeordnet
sind, in welchen über einander, den Grabnischen der römischen Kata-
komben ähnlich, die barock verzierten Särge der Könige stehen, jeder
derselben mit dem Namen des darin Ruhenden bezeichnet. Doch noch
ein zweites Blatt führt uns den Aufwand grosser Pracht vor die Augen;
dies ist der weite gewölbte Saal der berühmten Bibliothek des Klosters,
der mit Malereien und Stukkaturen bunt erfüllt ist. Die übrigen Räume,
welche wir in diesen Blättern vor uns sehen, entsprechen wiederum dem
strengen Geiste modern römischer Architektur, so die Ansicht der Haupt-
treppe, und vornehmlich der weite Klosterhof (Patio de los Evangelistas)
der, in zwei Geschossen, mit massenhaften römischen Bogenstellungen um-
geben ist. Zwei Ansichten endlich stellen ein Paar kleine königliche
Villen in der Nähe des Klosters dar, deren Architektur indess nichts
Beachtenswerthes enthält.
Die zweite Abtheilung des Gesammtwerkes: Colleccion de las
Vistas del R. Sitio de Aranjuez, 1832, enthält 27 Blätter. Aran-
juez ist dasjenige unter den königlichen Lustschlössern Spaniens, in wel-
chem der Hof, nach den strengen Vorschriften der Etikette, die Frühlings-