Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

Colleccion 
Vistas 
las 
418 
da los 
Reales 
Sitios 
de 
Madrid. 
255 
Tüchtigkeit. Bei weitem die meisten der Blätter führen den Namen eines 
französischen Lithographen, Asselineau; unter diesen linden sich vor- 
zugsweise die besseren. Der Staiiage, die zumeist in grossem Reichthum 
angewandt ist, fehlt es noch mehr als den landschaftlichen Elementen an 
innerem Leben: die Figuren scheinen nur mit Zagen zu gehen, zu stehen 
und zu laufen; doch kann man nicht längnen, dass gerade dies den cere- 
moniösen Eindruck, der schon dem Allgemeinen der Gegenstände einwohnt, 
in einer, noch mehr charakteristischen Weise hervorhebt. Auf einigen 
Blättern ist aber auch die Staifage gut, und lustig macht es sich, wie hier 
und da die Hof-Equipagen, mit galoppirenden Maulthierzügen bespannt, 
einherbrausen. Die Arbeit des Aetzens und Druckens scheint ungenügend; 
die Blätter haben durchweg etwas Raubes und Hartes. 
Die erste Abtheilung, aus 18 Blättern bestehend, führt den Titel: 
Colleccion de las Vistas  del R. Sitio de San Lorenzo; 1832. 
Dies ist der königliche Landsitz des Escorials am Abhange des Gua- 
darramagebirges, welcher zur Herbstzeit vom Hofe besucht zu werden 
pflegte. Seine berühmteste Zierde, denjenigen Gegenstand, zu dessen Er- 
iäuterung vornehmlich die vorliegenden Blätter dienen, bildet das mäch- 
tige Hieronymitenkloster des heiligen Laurentius, welches üntcr Philipp II. 
im Jahre 1563 von Juan Bautista de '1'0led0 begonnen und 1584 von des- 
sen Schüler Juan de Herrera vollendet wurde. Es ist ein ungeheures Vier- 
eck von 740 Fuss Breite und 580 Fuss Tiefe, auf mächtig gewölbten Sub- 
structionen ruhend, mit emporragcndcn Thürmen auf den vier Ecken, in 
der Mitte sich hindurch ziehend der Bau der Kirche, diese mit zwei 
Glockenthürmen am Eingange und init einer gewaltigen Kuppel, welche 
von allen Seiten her als der Sehlussstein des colossalen Werkes erscheint. 
Ansichten von verschiedenen Standpunkten aus, in grösserer oder geringe- 
rer Ferne aufgenommen, geben ein Bild der Gesammtmasse in ihrer cha- 
rakteristischen Eigerithümlichkeit und in ihrem Verhältnisse zu der Um- 
gegend, namentlich zu dem riesigen Gebirgszuge, der sich nahe hinter dem 
Kloster erhebt. Das ganze Gebäude trägt den Charakter eines imponiren- 
den Ernstes, aber es liegt etwas Düstergewaltiges darin; lässt auch die 
majestätische Kuppel der Kirche die religiösen Zwecke des Baues nicht 
misskennen, so gemahnt derselbe, mit seinen endlosen Reihen kleiner 
Fenster, den Beschauer doch eher fast wie eine Festung oder wie ein Ker- 
ker; man ahnt es, dass dieser Bau dem Triumphe derjenigen Kirche errichtet 
ward, welche sich mit furchtbaren Waffen über ihre feindlichen Gegner 
erhob und wie ein blutiges Gericht über der Heiterkeit des Landes wal- 
tete. Auf einem der Blätter, einem der geistreichsten des ganzen Werkes, 
steigert sich dieser Charakter indess zu einer eigenthümlich poetischen 
Wirkung; hier lagert sich der Bau des Klosters bedeutsam über den klei- 
nen Gebäuden der umgebenden Ortschaft, aber in einer noch ungleich 
grossartigeren Weise erheben sich im Hintcrgrunde die steilen Anhöhen 
des Gebirges, denen der Duft und Schimmer des Morgenlichtes, die land- 
schaftliche Stimmung des Blattes angenehm erheiternd, zugesellt ist.  
Eben jenen ernsten, strengen Charakter tragen dann auch die sämmtlichen 
Einzelheiten der Anlage, die auf mannigfaeh wechselnden Blättern vorge- 
führt werden. S0 zunächst die Eingangsseite des Ganzen, welche, der 
Hauptmasse nach schmncklos und nur an einigen Portalen mit schwerer 
Zierde versehen, wiederum vorzugsweise an den Fcstungscharakter erin- 
nert. Der Vorhof der Kirche (Patio de los Beyes) ist nicht geeignet, die-
	        
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