aus Spanien.
Erinnerungen
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Doch haben wir uns bei den, dem Raume nach mehr untergeordneten
Theilen des Werkes vielleicht schon zu lange aufgehalten; es ist nöthig,
dass wir auch auf dasjenige, worin sein eigenthümlichstes Verdienst be-
steht, einen Blick werfen, auf die Darstellungen spanischen Lebens und
nationaler Sitte. Hier stellt sich dem Beschauer eine reiche Folge von
Genrebildern vor, die, wie sie mit Lebendigkeit in das fremde Lokal ein-
führen, so sich nicht minder in wohlgefälliger Weise zum künstlerischen
Ganzen abrunden. Von den Mönchen vor der Pforte der Kathßdwlß V01!
Cordova haben wir bereits gesprochen. Die Geistlichkeit bildet (oder
müssen wir heutiges Tages etwa schon sagen „bildete"?) ein sehr bedeu-
tendes Ingrediens im spanischen Leben, und socbegegnen wir den Personen
ihres Standes noch mehrfach in den vorliegenden Blättern. S0 gleich zu
Anfang des Werkes (B1. 2), wo zwei von ihnen als Reisende vor dem
alten arabischen Thore von Alcala la real halten; der eine hager, nach-
denklich, im Dominikaner-Habit, sitzt auf einem reich behängten Maul-
thiere; der andre, ein Franziskaner, wohlbeleibt und lebhaft, frägt einen
herzutretenden Jägersmann nach der Herberge, während ein mit einer
Decke bekleideter Knabe bettelud sein Mützchen hinstreckt; beide Mönche
mit den langen, seitwärts aufgekrämpten Sonnenhüten bedeckt. Zwei
andre Mönche, einem gemeinsamen Orden angehörend , aber in gleichem
Contrast der Persönlichkeit sehen wir auf Blatt 14, am Strande von Ma-
laga; sie sprechen mit einem wohlgeputzten Reiter, dessen Kleidung die
kecke Würde eines Majo verräth, und der seine Maja, nicht minder zier-
lich kostümirt, neben sich sitzen hat. Ein altes Tabernakel zur Seite, ein
Klosterbau im Hintergrunde charakterisiren die interessante Lokalität.
Majo und Maja, den Glanz des Volkslebens bezeichnend, finden wir auf
Blatt 17 wieder, wo sie, die Castagnetteu schwingend, lebhaft und keck
bewegt, den Bolero tanzen. Zuschauendes Personal zur Seite; darunter
ein Mönch vornehmeren Ordens und ein Knäbchen im Franziskanerhabit,
der seinen Hampelmann ebenfalls zum Tanze aufzieht. Saumthiere, mit
schweren Waarenballen bepackt, mit Quasten, Schellen und Glöckchen
behängt, ziehen auf B1. 4 an uns vorüber; es ist eine der wilden, unfahr-
baren Strassen in der Sierra Morena; auf dem einen Thiere sitzt der Führer
des Zuges, der sich in fröhlichem Gespräche zu seinem Mitreisenden, einem
älteren, in den Mantel gehüllten Reiter, zurückwendet. Schiessgewehre
deuten auf die Sorge für die Sicherheit des Zuges, ein Kreuz am Wege,
mit dem Namen eines Erschlagenen, auf die Nothwendigkeit dieser Vor-
sicht. Den Räuber selbst führt uns B]. 7 vor; es ist der berühmte Jose
Mafia, in der Majolllracht auf stolzern andalusischem Bosse sitzend, zwei
bewailnßle Gesellen zur Seite. Hier jedoch ist nichts mehr von ihm zu
fürchten, da uns der erklärende Text belehrt, dass er durch einen Con-
ifäfCt mit der Regierung sich bewogen gefunden hat, sein früheres Leben
1111i dem entgegengesetzten Geschäft eines Wächters der Strassen zu ver-
tauschen. Das Gewerbe des Räubers und des Contrebandistcn sind nahe
verwandt; auf B]. 3 sehen wir einen solchen vor einer valcnzianer Venta
(Wirthshaus) sitzen, sein schwer bepacktes Boss neben ihm; er spricht mit
den Leuten des Hauses, die sich durch ihre einfache Tracht und durch ihr
rnönchs-artig geschorenes Haupthaar von den andern Provinzen wesentlich
unterscheiden. Eine zweite Venta desselben Landes mit mancherlei bäuer-
lichem Volk ist auf Blatt 18 dargestellt. Noch andre Blättelführen uns
in das Treiben des Landbewohners ein. So Blatt 8, das Dreschen des