Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

Ueber die gegenwärtigen 
Verhältnisse 
ZUII] 
der Kunst 
Leben. 
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(fast sämmtliche Vereine Nord-Deutschlands) in einen engeren Verband 
zusammengetreten, um sich solcher Gestalt durch gegenseitige Theilnahme 
in den beabsichtigten Bestrebungen zu unterstützen; es ist namentlich eine 
bestimmtere Aufeinanderfolge der einzelnen Ausstellungen, damit gegen- 
seitige Beeinträchtigungen vermieden und eine leichtere Mittheilung der 
auf dem Transport begriffenen Kunstwerke möglich werde, eingerichtet; 
es ist der Beschluss gefasst worden, dass von einem jeden der verbunde- 
nen Vereine jährlich ein grösseres Gemälde erworben und den Ausstellune 
gen der übrigen Vereine, um für dieselben somit einen sichern Fond 
bedeutsamer Gegenstände zu gewinnen, mitgetheilt werde; und gewiss 
wird diese, erst in den letzten Jahren gestiftete Vereinigung auch für die 
Zukunft von immer bedeutcnderen Folgen werden. 
Indess empfand man es der Mehrzahl nach sehr wohl, dass dem wah- 
ren Zweck der Kunstvereine mit diesen Resultaten noch keinesweges 
Genüge geleistet sei. Das Temporäre, Spannende und Vorübergehende, 
was den Ausstellungen eigen sein muss, ist schon vorhin besprochen wor- 
den; und unter denjenigen Werken, welche das Loos in den Privatbesitz 
hinüberführen sollte, waren die vorzüglichsten und wirkungsreichsten 
häufig weder in Beziehung auf den Inhalt, noch in Rücksicht auf ihre 
grösseren Dimensionen für eine solche Bestimmung wohlgeeignet. Einige 
Vereine sprachen es somit in ihren Statuten bestimmt aus, dass diejenigen 
unter den Kunstwerken, welche nicht für den Privatbesitz passend seien 
und deren grossartigere Bedeutsamkeit nicht dem blinden Spiele des Zu- 
falls überlassen bleiben dürfe, an öffentlicher Stätte untergebracht werden, 
dass sie in solcher Weise immerdar dem öffentlichen Genusse, der gemein- 
samen Erbauung freistchen sollten. In dieser Hinsicht hat sich namentlich 
der rheinisch-westphälische Kunstverein, der überhaupt den Vereinen 
Deutschlands durch ein eigenthümlich liberales Streben vorangeht, bereits 
mehrfaches Verdienst erworben.  Andre Vereine, namentlich solche, 
welche in Provinzialstädten und für einen kleineren Bezirk entstanden, 
haben sich aus demselben Grunde, aber mit bestimmterer Rücksicht auf 
die lokalen Interessen, für die Bildung öffentlicher Kunstsammlungen 
entschieden. Ueber diese Institute ist im Allgemeinen ebenfalls schon im 
Vorigen gesprochen worden, und gewiss beruht auch hierin von Seiten 
der Vereine ein edler und lobenswürdiger Zweck. Hiedurch wird das, 
was bei den Verloosungen beabsichtigt war, in höherem Maasse erfüllt, 
wird nicht einem Einzelnen allein, sondern vielmehr einer gesammten 
Bevölkerung die Gunst gewährt, sich häufig und ohne Störung einem 
edelsten Genusse hinzugeben und der Vortheile, welche aus einem solchen 
hervorgehen, theilhaftig zu werden. Für Provinzialsammlnngen der Art 
dürften indess noch einige besondere Bemerkungen beiläufig anzufügen 
sein. Natürlich wird und muss hier von Seiten der Vereine die vornehmste 
Sorge dahin gerichtet sein, dass man bei der Einrichtung solcher Samm- 
lungen insbesondere Werke lebender Meister zusammenstelle, sofern diese 
eben dem Geiste der Zeit entsprechen und am Leichtesten Theilnahme 
und Verständniss hervorrufen; doch, meine ich, dürfte es zweckmässig 
sein, wenn man nicht allein hiebei stehen bliebe. Ob die Kunstrichtung 
der Gegenwart sich überall rein und würdig erhalte, ist für uns Mitlebeude 
schwer zu erkennen, und Werke der höchsten und reinsten Bedeutung 
sind, wie gesagt, immer nur selten und oft auch_bei dem grössten Kosten- 
aufwande nicht zu erlangen. Hier wende man sich an die grossen Muster 

	        
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