Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Berichte, 
Kritiken, 
Erörterungen. 
damit gleichwohl in gutem Einklange. Scheint das Bild nicht frei von 
Einzelnen Mängeln in der Zeichnung, so werden dieselben doch wiederum 
durch besondre Schönheiten aufgehoben; namentlich ist das Weib eine 
herrliche, kräftig stolze Gestalt. Nur mit dem Titel des Bildes kann man 
sich nicht einverstanden erklären. Warum soll dieser gute freundliche 
Mann, dessen Physiognomie man nichts von räuberisch keckem Gewerbe 
ansieht, gerade ein Pirat sein? der Waffen, die er in seinem Gurt trägt, 
möchte ein friedlicher Schiiismann ebenso gut auf seinen einsamen See- 
zdgen bedürftig sein.  
Von J. Schoppe sind ein Paar treftliche allegorische Darstellungen 
kleinerer Dimensionen vorhanden: „die Nacht (834) und der Tag (835) in 
ihren Beziehungen zum Leben". ln der geschmackvollen und geistreichen 
Anordnung dieser Bilder zeigt sich eine ebenso glückliche, wie beachtens- 
werthe Behandlung der dekorirenden Kunst, die den Andeutungen, welche 
uns Schinkels umfassender Geist gegeben hat, mit erfreulichstem Erfolge 
nachgeht. Es ist zu bedauern, dass der günstige Eindruck dieser Bilder 
durch andre Gemälde von Schoppe, „Badende Mädchen", (836) und „der 
Templer und Rebecca, nach Walter Scotts Ivauhoe" (837), die sehr auf 
einen äusserlichen Effekt ausgehen, beeinträchtigt wird. 
A. Eybel und F. Bouterweck, beide in Berlin gebildet, verfolgen 
ihre weiteren Studien in der Schule der neueren französischen Kunst und 
haben die Proben ihrer auswärts erlangten Erfolge eingesandt. Die 
"Aehrenleserin" von Eybel (195) ist ein recht tüchtiges, gesundes Ge- 
mälde; die Gestalt dieses armen Weibes, welches aufrecht, den Säugling 
im Arm, dasteht, und der Knabe zu ihrer Seite zeichnen sich voll und 
lebendig gegen den röthlichen Abendhimmel ab und sind in schöner, war- 
mer Färbung ausgeführt.  Auch Bouterwecks Gemälde eines "Mäd- 
chens. welches ihr Haar auftlechtet"  ist durch ein reines, warmes 
Colorit ausgezeichnet, und sein kleineres Bild einer "arabischen Schild- 
wach" (98) voll ernsten, energischen Lebens. In seinen historischen Com- 
positionen: "Tobias opfert die Leber des Fisches" (100) und „R0meo's 
Abschied von Julien" (97)  obgleich letzteres wiederum grosse Vorzüge 
im Colorit hat  vermissen wir leider die Anzeichen des grossartigen 
Talentes, welches in den früheren Compositionen dieses Künstlers ausge- 
sprochen war      
Die Architektur pflegt auf unsern Ausstellungen in der Regel nur 
wenig Repräsentanten zu linden. Wir müssen dies bedauern, da uns hie- 
durch der Ueberblick über die Leistungen in einem der wichtigsten Fächer 
der Kunst untersagt wird. Freilich können Grund- und Aufrisse auf das 
Interesse des grösseren Publikums nicht sonderlich Anspruch machen, und 
auch die perspektivischen Ansichten verlieren sich leicht unter der grossen 
Masse mehr in die Augen fallender Gegenstände. Doch dürfte es nicht 
gerade nöthig sein, Alles eben für die Augen des grösseren Publikums 
berechnen zu wgllen; auch kleinere Kreise von Beschauern haben ihre 
Ansprüche, und oft sind diese der Anerkennung und dem Ruhme des 
Künstlers mehr förderlich, als das vage Urtheil der Menge. Möchten es 
doch die Architekten sich in Zukunft mehr angelegen sein lassen, die
	        
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