Fragmeutarisches
über
die
Berliner
Kunstausstelluxxg
1836.
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trefflich gefühlt, die Gesammtwirkung, besonders in der Farbe, ist nicht
ohne Kraft; nur die Gruppirung dürfte, wie es scheint, bedeutender gegl-d-
net sein. Ueber die Ausführung näher zu urtheilen, verhinderte die nicht
sonderlich günstige Stelle, die dem Bilde angewiesen ist.
Von A. G. Lasinsky d. j. ist ein Gemälde von kleineren Dimensio-
nen vorhanden, welches viel zu versprechen scheint: „Petri Befreiung aus
dem Kerker" (N0. 357). Die Wächter des Kerkers, umher in verschiede-
nen Stellungen eingeschlafen, und Petrus an der Hand des Engels, von
welchem das Licht ausgeht, zwischen ihnen hindurchgeführt. Das Bild
zeigt im Einzelnen eine treftliche, sichre Ausführung, vornehmlich in eini-
gen Figuren der Krieger. Die Lichtwirkung ist wohl gelungen, und der
still fortschreitende Gang des Engels (besonders in der ebenfalls ausgestell-
ten Farbenskizze des Bildes) sehr wahr und gut gedacht. Schade, dass
im Ausdrucke dieses Engels wieder dieselbe Schvrächlichkeit wahrgenom-
men wird, welche man heutiges 'l'ages für höhere Beseelung auszugeben
beliebt. Ausserdein befinden sich von Lasinsky noch ein Paar kleine,
wohlgezeichnete Apostelüguren auf der Ausstellung.
Von Eh rhardt haben wir zwei Bilder, die wir auch als Zeugnisse
eines guten Talentes ansehen dürfen. Das grössere (N0. 178) stellt „die
Tochter Jephthas" dar, welche, dem Opfertode geweiht, in's Gebirge ge-
gangen ist, um mit ihren Gespielinnen ihren frühen Tod zu beweinen. Es
sind gefällige, hübsch gruppirte Gestalten auf dem Bilde und in schönem
Colorit; aber wir vermissen wieder die kräftige Durchdringung der Auf-
gabe. Dies unschuldige und unerfahrne Kind klagt wahrlich nicht darum,
dass sie sterben soll, ohne dem Vaterlande ihren Zoll dargebracht, ohne
eine blühende, der Väter würdige Nachkommenschaft hinterlassen zu haben;
und ihre Jungfrauen wissen eben so wenig von dem, was die Geschichte
der Bibel erzählt. Anziehender ist Ehrhardfs kleineres Gemälde: "Chri-
stus, Maria und Martha" (N0. 179). Es ist vorzüglich gruppirt, und wie
wir in der Gestalt, besonders im Kopfe des Herrn, schon eine Ahnung
höherer Kraft gewahren, so ist auch in der Gestalt der Maria ihr eigen-
thümlicher Charakter, wenigstens in den allgemeinen Zügen, wohl ange-
deutet. Denselben Gegenstand behandelt ein grösseres Gemälde von A.
Zimmermann (1037), doch mit geringerem Glück. Ein Gruppenverhält-
niss zwischen den Figuren fehlt. Christus ist unbedeutend, Maria ein arti-
ges Modepüppchen und nur Martha eine frische kräftige Brünette, auf der
das Auge des Beschauers mit Wohlgefallen verweilt. Die kräftige Färbung
dieser Figur bildet einen erfreulichen Contrast zu dem schwächlichen Colorit,
welches man leider bei so manchen Gemälden der Düsseldorfer Schule
bemerkt. Fin grosses Gemälde von Clasen (127) "die ersten Christen",
die in einer Höhle mit Lesen der heiligen Schrift und erbaulichen Gesprä-
chen versammelt sind, ist im Ganzen ohne innerliches Leben; doch Sind
darin ein Paar Köpfe von zartem gemüthlichem Ausdrucke (den alten Mei-
stern der umbrischen Schule ähnlich) zu bemerken. "Jakob und Babel"
von C. Dllncker (170) ist ein Bild von guter, anmuthiger CÜIÜPÜSitiÜIIY
leider jedoch ohne belebende Ausführung. Die andern Compositionen die-
ses Künstlers sind minder anziehend.
Diesen Gemälden biblischen Inhalts schliesst sich zunächst das kleinere
Bild von E. Bendemann (N0. 58) an, dessen grosse Darstellung des Jg-
rcmias bereits in diesen Blättern besprochen ist. Es stellt „eine Erndte"
dar, und zwar in den Verhältnissen jenes patriarchalischen Lebens, welches