Fragmentarisches
über die
Kunstausstelluug
Berliner
vom J.
1836.
183
Eilgeln, deren vorderster das Schwert, das Zeugniss des Lilax-tyrthunles,
trägt und auf deren Armen der Leichnam der Heiligen ruht. Tief unter
ihnen breiten sich die Hügel der Erde und das weite blaue Meer in gross-
artiger, feierlicher Ruhe. Es liegt in dieser Composition etwas wunderbar
Heiliges und Verklärtes; der Körper der Katharina ist todt, ihr zurück-
gesunkenes Antlitz bleich und schmerzerfüllt, und doch so voll Frieden,
voll von jener tiefen Ruhe, welche das Ende des Gerechten begleitet. ln
den Gestalten der Engel, die wiederum mit einer Art von Chorgewanden
angethan und somit ebenfalls als Diener einer heiligen Handlung bezeich-
net sind, in der Haltung ihrer Körper, in den einfachen, aber grossartig
bewegten Linien ihrer Gewandung drückt sich der Moment des Vorüber-
schwebens auf eine vortreffliche Weise aus. Die Malerei ist ungemein
einfach. ohne das, was man Eifekt nennt, aber man möchte bei der Ruhe,
die in der ganzen Composition liegt, hier auch kaum eine andre Behand-
lung wünschen. Das Ganze hat wieder, wenn ich mich so ausdrücken
darf, einen symbolischen Charakter; es verkörpert, unter den Formen einer
besondern Begebenheit, Gedanken und Gefühle , welche eine allgemeinere
Beziehung haben, 111161 von denen jeder Einzelne sich persönlich berührt
findet; nicht eine Apotheose geliebter Todten, wohl aber den Frieden und
die Ruhe, darin sie nach den Bekümmernissexi der Erde eingehen und die
wir Hinterbliebenen in unbewusstem Gefühle nur zu ahnen vermögen,
stellt es in ergreifender Weise dar. Es gehört der katholischen Mythe
an, aber es ist allen Zeiten und Glaubensmeinungen gerecht; und wie es
dem rührenden Bilde der Ilias, wo Schlaf und Tod den Leichnam des
Sarpedon aus dem Gewühle des Kampfes in seine Heimat führen (in Flax-
mann's Umrissen zu Homer meisterhaft dargestellt) ziemlich nahe ent-
spricht, so ist es nicht minder auch als Eigenthum der heutigen Zeit in
Anspruch zu nehmen.
Von J. B. Hübner sehen Wir ein grösseres, für die St. Andreaskirche
in Düsseldorf bestimmtes Altargemälde ausgestellt: Christus an den Stamm
der Säule gebunden (N0. 387). Auch dies Bild tritt uns im Wesentlichen
als ein symbolisches entgegen. Es war nicht die Absicht, eine besondre
Seene aus Christi Leben historisch zu entwickeln, vielmehr die Bedeu-
tung, welche dieser Moment für die versammelte Gemeinde hat, herauszu-
stellen. Es ist der Erlöser, in seiner Schmach und Erniedrigung, die er,
um die Sünden des menschlichen Geschlechtes zu büssen, trägt. Seiner
Herrlichkeit und Würde entäussert, halbnackt, dem Missethäter gleich
gefesselt, wendet er sein Antlitz zu dem Beschauer hinaus, um dessent-
willen er der Pein verfallen ist. Er steht allein, in demuthsvoller Dul-
dung, herberer Leiden gewärtig. Der Gedanke des Bildes hat eine eigne
Grossartigkeit und die räumliche Gesamrntanorrlnung ist diesem Gedanken
wohl angemessen; aber die Ausführung steht mit demselben" in einzelnen
Theilen in Widerspruch und schwächt die Einwirkung des Bildes auf das
Gefühl des Beschauers. Zwar hat der Kopf jene würdigen Formen, welche
dem uralten Ideal des Christuskopfes angehören, auch scheint die Zeich-
nung der Figur frei von anatomischen Fehlern; aber die Haltung ist
kümrnerlich, ist der göttlichen Kraft dessen, welcher die Sünden der Welt
trägt, nicht angemessen. Gerade in diesem Momente der tiefsten Erniedri-
gung müsste die Hoheit des Erlösers durchleuchten, müsste die Gewalt
dessen, der den Tod besiegt, dem Beschauer gegenübertreten, aber diese
schwächlich eingesunkene Brust, diese dem Modell entnommenen Formen