Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Berichte. 
Kritiken 
Erörterungen. 
ist  seine grössere Kraft in dem stylistischen Elemente der Zeichnung 
beruht. Das Gemälde Ovcrbeclcs, welches der Katalog unter N0. 142? 
anführt, ist bis jetzt noch nicht ausgestellt. 
Wie Overbeclfs Werke als ein fremdartiges Element einsam in der 
bunten Fülle unsrer Ausstellung dastehen, so sind auch noch einige Ar- 
beiten anzuführen, in denen das Studium älterer Zeit vorzuherrschcn 
scheint, in denen ein solches Bestreben aber nicht zu den würdigen Resul- 
taten, wie bei jenem Meister, geführt hat. Hierher rechnen wir zuerst das 
Bild von C. Ch. Vogel (in Dresden): die Taufe Christi, N0. 990. 
Das Ganze ist aus dem Studium hervorgegangen, und ist auch wohl viel 
Fleiss und Studium daran ersichtlich; aber die kunstgemässe Anordnung, 
die fiesolanischen Gewänder der Engel und dergleichen ersetzen nicht den 
Mangel eines innerlichen, von der Bedeutung des Momentes erfüllten Ge- 
fühles. Der Kopf des Erlösers namentlich, obgleich darin etwas von jenem 
altüberlieferten Typus der Kirche nachgeahmt scheint, ist dieser Nach- 
ahmung zum Trotz ohne Würde, ohne allen höheren Adel.  Sodann 
sind vornehmlich die beiden Bilder von Joh. Riepenhausen hieher zu 
zählen, welche Scenen aus Raphaels Geschichte enthalten: No. 743 Ra- 
phaePs Tod und N0. 745 die Erscheinung. in beiden viel Sorgfalt, 
viel Ueberlegung, kunstreich studirter Faltenwurf u. s. w., und doch kein 
aus der Tiefe des Gemüthes hervorbrechender Zug, welcher den Beschauer 
zum Mitgefühl in Schmerz oder Begeisterung hinzureissen vermöchte. Das 
erste Bild stellt Raphaels Leiche auf dem Paradebette dar und umher 
eine Menge Künstler und Freunde des Verstorbenen, die sich bemühen, 
ihren Schmerz zu äussern, und unter denen der Riesengeist Michelangelo 
eine ziemlich dürftige Figur spielt. Das zweite ist Raphael, der wie im 
Traume vor der Staffelei sitzt, und vor oder vielmehr hinter ihm, in 
Wolken und Glorie, die sixtinische Madonna als Vision. Ich bezweifle, 
dass jemand, dem eine solche Erscheinung ward, dabei in so zierlicher 
Stellung gesessen habe.  Ausserdem ist von Riepenhausen noch ein Genre- 
hild vorhanden: N0. 744, Ankommende Fremde zu einem Madon- 
nenfeste bei Albano, ein Bild, das einzelne gute und naive Züge ent- 
hält,  wie den Herrn Abbate auf seinem Maulthier, den Trommelschlägcr 
vor der Kirche,  darin im Uebrigen jedoch wiederum der Humor studirt 
erscheint und somit seine Wirkung verfehlt. 
Robert: 
Leopold 
Schnitter. 
Heimkehrende 
1434. 
Dies Gemälde ist eine freie Wiederholung des berühmten Bildes von 
Robert, welches sich zu Neuilly, im Besitze des Königs der Franzosen, 
befindet. Der Künstler fertigte dieselbe im Auftrage des Grafen Raezynski, 
dessen so eben geordnete Gallerie alter und neuer Meisterwerke eine Zierde 
Berlin's bildet. Das Gemälde ist nicht gänzlich vollendet; Robert war 
noch in der letzten Ausführung begriffen, als er freiwillig  die Gründe 
der That sind im Dunkeln geblieben  den Faden seines Lebens zerriss. 
Man fand seinen Leichnam vor dem Bilde, dem einzigen Zeugen der furcht- 
baren That. 
Robert's Gemälde haben stets Scenen des italienischen Volkslebens zu 
ihrem Gegenstande; er war der erste, welcher für Darstellungen der Art 
ein lebhaftes Interesse zu erwecken wusste. Viele Maler sind ihm auf 
dieser Bahn gefolgt, aber keiner hat es zu ähnlich bedeutenden Resultaten
	        
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