über
Fragmentarisches
die
VOITI
Berliner Kunstausstellung
1836.
177
werth.
ebenfalls
Sehr trefflich sind ein Paar kleine gcnreartige Bilder, zu
Studien italienischer Kostüme und Sitte benutzt scheinen.
denen
Overbeck.
Overbeckls künstlerische Richtung gehört. wie bekannt, derjenigen Ent-
wickclungsperiode der neueren Zeit an, durch welche, ini den Jahren
der Unterdrückung und der Befreiungskriege, die versunkenen Schätze des
Mittelalters wieder heraufgefördert und der fromme Sinn und die schlichte
Treue der alten vergessenen Meister als Vorbild hingestellt waren. Over-
beck ist der Einzige, welcher diese Richtung mit Uebcrzeugung in sich
aufgenommen, mit künstlerischer Genialität durcbgebildet und mit treuer
Liebe bei ihr ausgeharret hat. Das Streben und Schaifen der jüngsten
Nachkommenschaft, die Resultate des letzten Jahrzehnts sind seinem Sinne
fremd geblieben. Wo neue Elemente sich zur Gestaltung hindurchringen,
da. giebt es mancherlei Kampf, treten Gegensätze mannigfacher Art sich
SChmff und feindlich gegenüber; Ovcrbecks Genius hat auf einer fernen
friedseligen Insel seine Heimat gefunden, und sendet uns von dort seine
Grüsse herüber, die wie ein altes schönes Mährchen unsern Sinn berühren.
Aber auch nur wie ein Mährchen. Die Interessen der Gegenwart sind
gross und bedeutend geworden; wir verlangen das Leben in seiner vollen
Wahrheit und Grösse vor uns zu sehen, wir wollen nicht schüchtern und
entsagend den Stürmen des Lebens aus dem Wege geleitet, sondern mitten
hindurch auf dessen Gipfelpunkt geführt werden, und Overbeck hat es
versäumt, an solcher Wirksamkeit Theil zu nehmen und den Kranz zu er-
ringen, der für ihn bereit war. Er steht dem alten Meister Fra Giovanni
da Fiesole nahe, nicht als 0b er das kindlich Mangelhafte in dessen
Formen nachahmte, vielmehr schwebt ein Hauch der vollkommnercn
Schönheit Raphaels über seinen Gestalten, aber es ist ebenso der tiefe
Friede, die stille Lauterkeit des Geniüthes, die aus seinen Bildern sprechen,
ebenso der Mangel an Energie, wo es sich um entschiedene Belebung, um
die Darstellung bedeutender Charaktere und leidenschaftvoller Momente
handelt.
Die diesjährige Ausstellung hat uns von Overbeck bis jetzt zwei Car-
tons gebracht. Der eine, N0. 656, stellt die Verstossung der Hagar
da? und zerfällt, durch die Andeutung einer einfachen Architektur, in zwei
Hälften; zur rechten das Innere des Hauses, darinnen Sarah mit ihrem
Knaben auf dem Boden sitzt, eine Gestalt, die an die grossartige Ruhe in
den sitzenden Figuren der Nachfolger Giottds erinnert; zur linken IIagar,
Welche mit 181118161 weinend die Schwelle des Hauses verlässt, hier in
den Linien jene naive Anmuth, welche den Weibern auf Raphaels Bildern
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Ganze der Handlung einfach verständlich entwickelt und vornehmlich wie-
derum i" der Zeichnung der Weiber eine zarte, anspruchlose Schönheit,
welche auf das Auge des Beschauers den wohlthuendsten Eindruck hervor-
bringt. Wir dürfen diese beiden Cartons Overbecks treftliehsten Leistun-
gen zuzahlen und wir können dieselben gewiss um so eher als ein Beispiel
seiner Richtung und Maassstal) seines Talentes nehmen, als überhaupt
soweit Referent wenigstens mit Üverbeckß Leistungen bekannt geworden
Kuglcr, Kleine Schriften. lll. 12