Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Berichte, 
Kritiker 
lürörterz 
mgen 
in der Composition des Ganzen manch einen Mangel, der es leider cr- 
kennen lässt, dass der Gegenstand nicht immer mit dem Ernste, mit der 
Kraft und Tiefe durchdrungen ist, welche die Ilerstellnng eines vollen- 
deten Meisterwerkes erfordert. Schon die früheren Gemälde Sohiüs, welche 
unsre Ausstellungen schmückten, liessen bei den entschiedcnsten Vorzügen 
manchen Wunsch unbefriedigt; das in der Ueberschrift genannte, das be- 
deutendste der Dimension nach, welches wir von ihm kennen, übertrifft 
dieselben in den angedeuteten Vorzügen und Mängeln. 
Das Urtheil des PariS- Der schöne Hirtenjüngling sitzt auf der linken 
Seite des Bildes, Körper und Gesicht im Profil gesehen. Er reicht den 
verhängnissvollen goldenen Apfel an Venus, welche, als die wichtigste 
Figur des Ganzen, in der Mitte steht; mit der einen Hand empfängt sie 
den Apfel, mit der andern hält sie das Gewand, welches um ihre Hüften 
geschlungen ist. Amor schmiegt sich lächelnd, in kindlicher Bewegung, 
an sie. Zwischen Paris und Venus, ein wenig tiefer im Bilde, sitzt Mi- 
nerva, welche dem Beschauer den Rücken kehrt und das Gesicht zürnend 
nach der glücklichen Siegerin umwendet; sie ist im Begriff sich zu beklei- 
den. Zur Rechten der Venus, halb dem Beschauer zugewandt. sitzt Juno, 
indem sie den Busen mit der Hand bedeckt und ebenfalls zürnend auf den 
Vorgang zurückblickt. Die Gestalten befinden sich auf der Höhe des Ida, 
von der man, zwischen Lorbeer- und Myrthen-Gebüsch hindurch, auf die 
Ufer des Meeres niedersieht.  Es ist eine schwierige Aufgabe, das zer- 
theilte Interesse der Personen, wenn man nicht einzelne von ihnen we- 
sentlich unterordnen will, zu einer malerischen Gruppe, zu einer Total- 
Wirkung, zu vereinen, und wir müssen gestehen, dass bei der Lösung 
dieser Aufgabe nicht alle Ansprüche befriedigt sind. Schon die kurze Be- 
schreibung lässt das Zerstreute der Composition erkennen, was leider durch 
einen Nebenumstand noch mehr hervorgehoben wird. An den Figuren 
selbst ist jener schwierige Punkt der malerischen Technik, jene Darstel- 
lung des Lufttones, welcher Glied von Glied und Gestalt von Gestalt son- 
dert, aufs Treftlichste beobachtet; aber er fehlt in hohem Grade an dem 
Laubwerk, welches zwischen den einzelnen Gestalten sichtbar wird; statt 
einen vermittelnden Hintergrund zu bilden, statt das Auge sanft von der 
einen Gestalt auf die andre hinüberzuleiten. springt dasselbe dem Auge 
des Beschauers mit Lebhaftigkeit entgegen und bringt somit gerade die 
entgegengesetzte Wirkung hervor. Und wie wir uns von dem äusseren 
Arrangement des Bildes nicht befriedigt fühlen, so können wir auch die 
innere Auffassung nicht unbedingt billigen. Es sind die beiden Gestalten 
der Juno und der Minerva, die für uns etwas Befremdliches haben. Juno 
ist am Wenigsten empfunden; sie sitzt nicht fest, nicht sicher genug, sie 
gleitet, und der nothwendige organische Zusammenhang ihrer Glieder 
dürfte nicht in allen Theilen vorhanden sein; wir sehen in ihrer Erschei- 
nung zwar eine erhabene Gestalt beabsichtigt, wie solche der Götterkönigin 
zukommt, aber das Unmittelbare des Eindruckes fehlt; im Ausdruck ihres 
Gesichtes ist etwas Maskenartiges, auch die Bewegung ihrer Arme ist mehr 
im Charakter einer mediceischen Venus, welche schüchtern den Fluten 
entsteigt, als dass sie der bewussten Majestät einer Juno entspräche. Die 
Gestalt der Minerva giebt ebenfalls kein entschiednes Bild ihrer charak- 
teristichen Eigenthümlichkeit; wir hätten sie irgend in andrer Stellung 
zum Beschauer, oder in dieser mehr bekleidet, gewünscht: sie ist hier
	        
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