über
Fragmentarisches
die
Berliner Kur
xstausstellung vom
1836.
173
Ausstellung befinden, mögen einer späteren Betrachtung vorbehalten blei-
ben. Hier erwähnen wir noch eines anmuthvollen Gemäldes von kleinen
Dimensionen, welches dem Genrefaehe angehört: Chorknaben bei der
Vesper, No. 357. Vier Chorknaben, zur Seite eines ausserhalb des Bildes
vorausgesetzten Altares kniend und betend, im Hintergrunde ein Theil
der Kirche mit audächtigem Volk. Die Darstellung frommer kindlicher
Unschuld bei der Ausübung heiliger Sitte giebt diesem Bildchen einen
eigenthürnliehen Reiz, der durch die geistreiche Charakteristik in den vier
Köpfchen noch erhöht wird. Der erste Knabe ist mit Ernst und Tüchtig-
keit beim Gebete, der zweite hat das seelenvolle Auge schwiirmerisch er-
hoben, der dritte blickt etwas zerstreut zum Beschauer heraus, der vierte
ist wie in träumerischen Gedanken hingegossen. Die Ausführung ist geist-
reich, und das Ganze, mit Einschluss des wohlerfundenen gothisehen Rah-
mens, dürfte einen beneidenswerthen Schmuck im Wohnzimmer des Be-
sitzers bilden.
Carl
Sohn:
Das
Urtheil
des
Paris.
925.
Sohn ist anerkannt als Meister im Bereiche der Carnation. Seine Dar-
stellung des Nackten zeichnet sich durch einen Schmelz, durch Wärme,
Licht und Leben der Farbe aus, wie sie die Vorzeit nur bei den grossen
Künstlern der Schulen von Venedig und Parma kennen gelernt hat. Jene
Weichheit und Milde des Tones, welche der Italiener mit dem Worte
Morbidezza bezeichnet (dem Deutschen fehlt das entsprechende Wort), be-
sitzt er in vollem Maasse, und er weiss dieselbe zugleich in einer so
eigenthümlich zarten, lauteren Weise zu entwickeln, dass durchaus von
keiner Nachahmung dieses oder jenes Meisters der Vergangenheit die Rede
sein kann. Es ist der schwierigste Theil der malerischen Technik, die
Darstellung der äussersten Oberfläche des menschlichen Körpers, jenes
selbständigen Lebens, jener zarten Elasticität und Porosität der Haut,
worin Sohn von keinem Zeitgenossen übertroffen wird. Natürlich steht die
Wahl der Gegenstände bei seinen bedeutendsten Werken im Einklange
mit diesen technischen Vorzügen; und da die letzter-wähnten Eigenschaften
in erhöhtem Maasse bei den zarteren Geschlechtern, bei den Knaben und
Frauen, vorherrschen, während bei dem strengeren männlichen Körper zu-
gleich die Angabe und Bezeichnung der tiefer liegenden Theile, der Mus-
keln, Sehnen u. s. w. erforderlich wird, so ist es eben die Darstellung jener,
die uns vorzugsweise in Sohrfs Oompositionen entgegcntritt. Im Allge-
meinen aber giebt die Mythe des klassischen Alterthums vorzüglich Ge-
legenheit zur bildlichen Darstellung nackter Körperformen, und so gehören
auch Sohn's Gemälde in der Regel diesem Mythenkreise an.
Wenn wir in dem eben Gesagten die charakteristische Eigenthümlichkeil
und die Vorzüge der Sohmschen Gemälde andeutungsweise zu bezeichnen
VETSUCMCTI, S0 müssen wir doch mit Bedauern hinzufügen, dass in ihnen,
mehr oder minder, diese Eigenthümlichkeit einseitig und bis zur Vernach-
lässigung aIldCrWeitiger Erfordernisse vorherrscht. Abgesehen tlv-Vßn, ÜIISS
in seinen Gestalten die Entwickelung und der Zusammenhang der Form
im Einzelnen nicht immer genügend beobachtet ist. einzelne Missstände
der Art wären zu entschuldigen, und es bedarf solcher Entschuldigung oft
bei den grössten Meistern, wie in dieser Beziehung der Hinblick auf
Cmeggio nahe liggt; so finden wir bei ihm auch in der Auffassung oder