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Berichte,
Kritiken, Erörterungen.
neu, dass gerade diese rein technischen Mittel, abgesehen von ihrem un-
mittelbaren, mehr materiellen Nutzen, auch mittelbar dem Verstäudniss
der höheren Richtungen der Kunst förderlich sein, sie in ihrer wahren
Bedeutsamkeit herausstellen müssen. Sie insbesondere dienen dazu, das
Handwerk von der Kunst unterscheiden zu helfen; sie lehren uns, wie
viel reine Maschinenarbeit, die bisher durch freie Arbeit von Menschen-
händen geliefert wurde, irriger Weise mit dem Namen „Kunst" bezeichnet
worden ist; sie zeigen, wie nicht die technische Vollkommenheit (deren
freilich der Künstler eben so gut bedarf wie die Maschine), sondern wie
allein der lebendige selbstschöpferische Geist, der keiner Maschine ein-
wohnt, das Kennzeichen des künstlerischen Genies ist. Kunst und Hand-
werk werden sich gerade unter diesen Umständen immer schärfer von ein-
ander unterscheiden lassen, werden aber zugleich eine um so bedeutendere
Gegenwirkung auf einander ausüben. Das Handwerk wird die materiellen
Bedürfnisse der Kunst in immer volllaommnerer und leichter zu benutzen-
der Weise bearbeiten, die Kunst wird dieselben zu den vollkommensten
Mustern ausprägen. (Doch wünsche ich nicht missverstanden zu werden:
zwischen dem Handwerk und der Kunst steht noch eine Mittelstufe, deren
wohl diese, nicht immer jenes bedarf: ich möchte sie als das wissenschaft-
liche Studium, das Studium der organischen Natur, der etwanigen
historischen Beziehungen und dergL, bezeichnen, was hier nicht in
Betracht kommen kann.)
Schliesslich führt uns die Erfindung der Relief-Copirmaschine und
ihre Vollkommenheit wiederum noch auf den Wunsch, dass bald durch
allgemeine und umfassende Bestimmungen die gesetzliche Sicherung des
künstlerischen Eigenthums festgestellt werden möge. Wir haben hier aufs
Neue den augenscheinlichsten Beweis, wie ein Werk, welches allein durch
das wirkliche künstlerische Vermögen hervorgebracht ist, lediglich durch
Maschinenarbeit aufs Vollkommenste wiederholt und vervielfältigt wird.
Und leicht dürfte die nächste Zukunft noch durch die Erfindung andrer
Maschinen bestätigen, wie viel rein technische Arbeit bei derartigem Copi-
ren von Kunstwerken ins Mittel tritt. Ist doch bereits in England eine
Maschine erfunden, vermittelst welcher runde plastische Werke in kleine-
rem Maassstabe vollkommen treu copirt werden. Als ich vor längerer
Zeit in diesen Blättern, in einem Aufsatze "über die Sicherung des künst-
lerischen Eigenthums" (1834, No. 35) die Nachbildungen und Vervielfäl-
tigungen der verschiedensten Art in einen solchen Gesichtskreis einge-
schlossen wünschte und unter Anderm selbst die Nachbildung plastischer
Werke, sofern an solche ein bestimmtes Eigenthumsrecht geknüpft sei,
durch eine der zeichnenden, als hieher gehörig namentlich anführte,
musste diese Aeusserung mannigfachen Widerspruch erdulden. Die
Wagnersche Maschine bezeugt es, dass ich nicht zu weit gegangen bin.