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Tiecläs
Genovefa.
in wenig Augenblicken ihm selbst geschehen wird. Genovefa, sie ist
durch ihr ahnendes Gemüth bereits vorbereitet, hat sich stolz und ruhig,
ihrer Reinheit sich bewusst, erhoben; sie schiebt den Stuhl zurück, auf
dessen gepolsterter Lehne wir ein zierlich gewirktes Muster bemerken,
und wendet sich seitwärts gegen die Eintretenden. G010. der mit der
Linken hastig die Thür aufreisst, weist mit der Rechten ins Zimmer:
Hier seht ihr selbst, was ich zuvor gesprochen,
Ermesst nun selber, was sie wohl verbrochen!
Das Haupt wendet er zu seinen Gefährten zurück; über seinem linken
Auge wetterleuchtet der Zorn verschmähter Leidenschaft. Neben ihm ist
der gute betrogene Wendelin; er reisst das Auge weit auf, um das Un-
glaubliche gewiss zu schauen, und möchte zugleich mit dem unteren Au-
genlied das Auge wiederum schliessen; er presst die Hände krampfhaft
nieder und würde, die letzten Stufen der Treppe vergessend, in das Zim-
mer herein stürzen, wenn Golo nicht halb vor ihm stände. Neben Wen-
deliu tritt Benno in das Gemach, das widerwärtige, kalte Gesicht in jene
Mephistophelcs-Kappe gehüllt; er trägt auf dem rechten Arm die schweren
Ketten für Drago und hält in der linken Hand eine kleine Laterne, welche
er der Genovefa entgegenreckt. Dem Benno wird eine Hand vertraulich
auf die Schulter gelegt, welche ohne Zweifel der wackligen Kapuze zuge-
hört, die hinter seinem Kopf zum Vorschein kommt; ich höre die heim-
tückischen Worte, die ihm aus der Kapuze zugetlüstert werden. Zwischen
Benno und Wendcliri, tief im Schatten, sieht man noch ein Stück von
einem brutalen Gesicht, auf dessen Rechnung die gewaltige Partisane zu
schreiben ist, welche über dem Golo mit ins Zimmer herein ragt.
7. Genovefa's Standhaftigkeit im Kerker. Arme Genovefa! die Pfle-
gerin, deren sie in ihrem jetzigen Zustande so sehr bedarf, hat sie arg
verlassen und schreitet wohlbedächtig die enge Treppe, die wir durch die
offne Kerkerthür sehen, hinauf zum Ausgang des Thurmes. Und statt
ihrer erblicken wir Golo bei der Genovefa, der nunmehr ein Sklav seiner
rasenden Leidenschaft geworden ist; er ist vor ihr auf die Kniee gestürzt,
und presst mit beiden Händen sein zuckendes Herz nieder; seine Schultern
sind krampfhaft gehoben, so dass der laute Schrei im dumpfen Aechzen
erstirbt; das Haar über der Stirn bäumt sich wild empor. Genovefa hat
das Gesicht abgewandt und hält ihm die Hand abwehrend entgegen. Die
Scene wird stumm gespielt, wir hören den Fusstritt der Alten draussen
auf der Treppe; aber die Stille ist wie die des Stromes, aus dessen Tiefe
schnell Verderben bringende Wirbel aufsteigen.
8. Winfreda, von Golo gedungen, zeigt dem Ritter Siegfried den
Treubruch seiner Gattin in einem Zauberspiegel. Golo hat sich zum Sieg-
fried nach Strassburg begeben, wo dieser an einer Wunde niederlag, und
ihn bewogen, durch Hexenkünste sich die Bestätigung seiner erlogenen
Nachricht geben zu lassen. Das Bild zeigt uns das Zimmer der Hexe.
Links, vor dem Spiegel, welcher die ganze Seitenwand einnimmt, Steht
ein kleines Pult mit dem Zauberbuch; daneben, auf einem Todtenkopf,
ein Becken, aus welchem sich giftiger Zauberqualm entwickelt. Teufel-
chen, Drachen, Schlangen, Schmetterlinge, Vögel, Sterne tanzen in dem
Qualm, der kreiscnd gegen den Spiegel schlägt; drinu sehen wir, wie in
einer Laube, in schwachen Linien die Gestalten von Genovcfa und Drago,
welche nebeneinander sitzend sich fest umschlingen und küssen. Sie sind