Loreley
Die
des
Hrn.
Prof
Begas.
(Museum
1835,
Kennst du das Mährchen von der Loreley? Es ist eine alte geheim-
nissreiche Sage, die dem Wandrer auf dem Rheine berichtet wird, wenn
er an den gefährlichen Strudeln des Lurlei-Felsens vorüberfährt. Mancher
sah auf dem Felsen die schöne Zauberin sitzen; nur Wenigen blieb es
vergönnt, wieder zu erzählen, wie ihnen geschehen war. Es giebt ein Lied
von H. Heine, darin der Dichter ihre Erscheinung beschreibt:
Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig üiesst der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldues Haar.
Sie kämmfs mit goldnem Kamme
Und singt ein Lied dabei,
Das hat eine wundersame
Gewalfge Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiife
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriüe,
Er schaut nur in die IIöhC
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiifer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Loreley gethau.
Begas hat die Loreley gemalt, fast ebenso wie sie das Lied schildert.
Es ist ein grosses Gemälde. Man sieht das Rheinthal mit seinen phan-
tastisch gezackten Uferfelsen und Burgruinen hinab; der Himmel ist mit
zerrissenen gewitterliehenVifolken bedeckt; Regenschauer hängen in den
fernen Bergen. Ini Vorgrund springt ein Stück des Uferfelsens, hell von
der Abendsonne beleuchtet, empor. Die Zauberin sitzt auf dem Felsen,
ein verlockendes, wunderbares Weib. Sie ist mit reichem Schmuck, aber
nachlässig bekleidet; der Oberleib fast ganz entblösst. Ein zierliches Band,
mit Steinen und Perlen besetzt, hält das leichte Untergewand über der
linken Brust fest; der Gürtel des Obergewandes wird durch einen blut-
roth leuchtenden Stein zusammengehalten. Ueber ihren Knieen liegt ein
Mantel von prächtigem, weiss und roth gewirktem Steife, die Muster im
strengen Style des Mittelalters, Schlangen, Drachen, Nixen, u. dergl. darein