Berichte,
Erörterungen.
Kritiken,
von A. Müller. Die fünf Hauptmomente des Gedichtes sind von dem
Künstler besonnen aufgefasst und so dargestellt werden, dass sie auch ohne
das Gedicht ein verständliches Ganze ausmachen. Wir sehen das Wachsen
der Leidenschaft, den allmähligen Sieg des Bösen, die endliche Strafe.
Vorzüglich ausgezeichnet schien mir das zweite Bild, da. der Graf die Saat
niederzureiten im Begriff ist. Eine dreifache Handlung bewegt den Grafen;
er hat die Hand mit der Knute gegen den armen Bauer, der flehend vor
seinem Pferde steht, erhoben; der lichte Ritter zur Rechten ist vor-gesprengt
und wehrt ihm mit der linken Hand, der dunkle Bitter zur Linken zieht
ihn seitwärts über den Hag, dem Hirsche nach, in das Getreide. 'l'reftlicher
Ausdruck in den Köpfen. Der linke Ritter trägt in allen Blättern unter
dem spitzen Hut die übrigens im Mittelalter gebräuchliche Mephi-
SWPTICIEPPKEIPPE, welche Kopf, Hals und einen Theil der Brust bedeckt
und nur das Gesicht frei lässt.
Christus, schlafend im Sturm auf dem See. nach Führich's
Carton auf Stein gezeichnet von Eduard Schalter. Während der Meister
schläft, hat der Feind, der diese Frist benutzen zu müssen glaubt, die
Wuth der Elemente entfesselt; das Schiftleiu scheint zwischen den Wasser-
bergen, deren einer es gleich zu überstürzen droht, verloren; vorn fasst
eine Welle, fast wie eine gespreizte Hand anzusehen, nach dem Schlafen-
den. Auf dem Schilf ist höchste Angst; nur der eine von den Schiffern
bemüht sich noch, des Segels Herr zu werden; der andre hat bereits das
ohnmächtige Steuer aus den Händen gelassen. Alles drängt sich zu dem
Meister, der in tiefem Frieden schlummert; wir sehen es diesem Frieden
an, dass aus ihm allein Hülfe zu kommen vermag. Alle Gestalten tragen
das Gepräge eines hohen Adels, und wenn wir eine Parallele ziehen wol-
len, so erinnern wir uns bei diesem Bilde vielleicht an Overbeck, einen
Namen, der durch keine früheren Jahrhunderte verdunkelt wird.
Zu Tieck's Genovefa hat Führich 15 Blätter geliefert, welche, wie
die zum Gebet des Herrn, auch von ihm selbst radirt zu sein scheinen.
Erläuternde Bemerkungen. Stellen des Gedichtes enthaltend, sind zur Er-
klärung beigegeben. Wie warm und innig Führich dasselbe in sich auf-
genommen und wiedergegeben hat, werden uns die einzelnen Blätter zeigen;
Adel und Einfalt sind der Grundcharakter eines jeden.
1. Titelblatt. Gothisch verschlungene trockne Baumzweige fügen sich
zu einer Art Architektur, welche das Bild in drei Räume theilt. In dem
mittleren Hauptraum ist eine Tafel mit der Inschrift des Titels befestigt;
eine Lilie und eine Passionsblume neigen sich auf die Tafel. Darüber
schwebt, von zwei Engeln getragen, die verklärte Gestalt derHeiligen. nur
in ein weites Gewand gehüllt, wie wir sie später in der Wüste finden
werden. Sie blickt nieder auf ihre Lieben; auf den kleinen Schmerzen-
reich, der, unterhalb der Tafel, auf einer Steinplatte sitzend, ernst vor
sich in die Höhe sieht und in dessen Schoos die Hirschkuh ihr trauriges
Haupt legt, und auf Siegfried, ihren Gemahl. der knieend zu ihr empor-
schaut und dessen ganze Geberde den Entschluss, Einsiedler zu werden
an dem Orte, wo Genovefa litt, ausdrückt. Ueber ihm auf einem Zweige
eine einsame Taube. Zur Linken des Siegfried, im Seitenraum, steht Karl
Martell, dem jener gegen die Sarazenen gefolgt war, den einen Fuss und
den Streithammer auf den Nacken eines Sarazenen gestützt. In dem an-
dern Seitenraume steht die Verführer-in Gertrud; vor ihr, noch im Mittel-
raum, sitzt Gele. Die Laute, zu welcher er einst süsse Lieder zu singen