126
Berichte,
Kritiken,
Erörterungen.
mieen, die zugleich so leidenschaftlich und so nachdenklich sind! Was
gäbe es Unmögliches für diese im Moment unthätigen Menschen? Sie
werden alles thun, was die Leidenschaft einhauchen, was das Herz ver-
langen und der Arm ausführen kann. Sie sind im Begriff abzureisen, den
Stürmen des Meeres auf einer zerbrechlichen Barke Trotz zu bieten; sie
werden Hunger und Durst zu dulden haben, aber sie sind entschlossen
und furchtlos. Dies ist ihr Leben, es ist das Loos des Fischers; oder,
besser gesagt: es ist das Loos des Menschen auf dieser Erde. Denn wer
verbietet uns, gerade in dem Auszuge der Fischer das Bild des mensch-
liehen Lebens zu sehen, wo uns so viele Hindernisse in der Erfüllung
unsres Schicksales erwarten, wo man so viel moralische und physische
Kraft entwickeln muss, und oft vergebens? Wundert euch darum nicht,
wenn in all diesen Physiognomieen etwas Ahnungsvolles liegt, was ihr
euch nicht erklären könnt. Wenn diese Fischer euch so imponiren, wenn
ihre IAIaltung euch überwältigt, wenn sie eure Ehrfurcht in Anspruch neh-
men, so ist es, xiteil der Künstler ihrem Antlitz das Siegel der Menschheit
aufgeprägt hat; es sind bevorrechtete, edle, schöne Wesen, die sich als die
Herren der Schöpfung erkennen; aber die nur einen Tag leben und es
wissen; die nicht wissen, woher sie kommen und wohin sie gehen, und
deren kurzer Lauf nichts ist, als ein fortwährender Kampf."
„Dieser tragische Eindruck, der durch einen scheinbar so anmuthigen
Gegenstandhervorgebracht wird, ist wie ein Widerschein der Phantasie
des Künstlers, welche bereits in sein unseliges Verhängniss hineingezogen
war und sich vielleicht, unwissend, seinem WVerke aufgeprägt hat. Dass
sein Tod unmittelbar der Vollendung seines Gemäldes folgte, giebt unwill-
kürlich diesen Gedanken an die Hand; aber es ist diese Erklärung nicht
nöthig. Die Schnitter zeigen bereits jenen ernsten und melancholischen
Charakter; in den Fischern tritt er nur ungleich entschiedener hervor.
Leopold Robert war ein philosophischer Maler und ein eben so grosser
Dichter. Stets aber war es die Eigenthümlichkeit der Malerei und Dich-
tung höchsten Ranges, dem tragischen Ernste sich zuzuneigen."
Ein
Besuch
in
München.
(Museum
1as5,
241
Die grossartige Thätigkeit im Bereiche der Kunst, welche durch den
jetzt regierenden König von Bayern in kürzester Zeit hervorgerufen ward
und durch seinen beharrlichen Willen fort und fort an Ausdehnung gewinnt,
erweckt die entschiedene Bewunderung des Reisenden und fordert zu ern-
ster Betrachtung auf. Unternehmungen von so bedeutendem Uiufange, mit
so grosser Liebe und der Anstrengung so mannigfaltiger Kräfte durchge-
führt, bilden eine zu bedeutende Erscheinung in der Entwickelung der
Kunst unsrer Zeit, als dass wir umhin könnten, dieselben in ihrem selb-
ständigen Werthe, in ihrem Zusammenhange mit frühem Leistungen, in
lhrßllVerheissungen-für die Zukunft uns nach Möglichkeit klar zu machen.