Robert.
Leopold
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letzte Werk des abgeschiedenen Meisters folgen lassen. Am 3. April wurde
dasselbe zu spät für den Maler nach langen Hindernissen öffentlich
ausgestellt. Das Journal des Debats schildert es folgender Gestalt:
„Die Dimension des Gemäldes ist grösser als die der Madone de 1'Arc
und der Schnitter, zu denen es kein Pendant bildet. Der Maler hat in
denselben den Auszug zum Fischfang, in der Umgegend von Venedig.
dargestellt. Am Ufer, neben den segelfertigen Kähnen, sieht man die
Fischer des adriatischen Meeres versammelt, in Gegenwart ihrer Mütter
und Frauen, welche traurig die Zurüstungen zur Abreise unterstützen. Der
Patron der Barke hält das Fischgeräth in den Händen und scheint seinen
Leuten das Zeichen zu geben. Ein junger Mensch im Vordergrunde bringt
ein grosses Netz in Ordnung, während derjenige, welcher den Kompass
hält, den Himmel betrachtet und das Wetter zu beobachten scheint. Diese
und einige andre Figuren bilden die rechte Seite der Composition, wäh-
rend auf der linken eine sitzende Alte und eine junge Frau, die ihr Kind
in ihren Armen hält, sich befinden; in ihnen drückt sich jene stumme
Traurigkeit aus, die man bei dem Gedanken an ein Unternehmen empün-
det, in dessen Folge Gefahr und Unheil nahe sind. Es herrscht in der
ganzen Scene sowohl unter den Männern als unter den Frauen, eine innere,
tiefe Sorge, welche der Maler mit der grössten Kunst nach den verschie-
denen Personen modificirt hat. Dieses Gefühl bemächtigt sich mit Gewalt
des Beschauers. In solchem Betracht ist dies neuste Gemälde L. R0-
bertls dramatischer gehalten als die Schnitter. Was die Eigenthümlich-
keit der Situation, der Kostüme, der Stellungen und Physiognomieen an-
betrifft, so steht dies letzte Werk in nichts gegen das vorige zurück; und
die Fischer des adriatischenMeeres, obschon in der Erscheinung von den
Bewohnern der pontinischen Sümpfe gänzlich verschieden, haben ebenfalls
ein Gepräge von Adel, vonKraft und Schönheit, welches einen Jeden anzieht.
Die junge Frau, die zur Erde blickt, indem sie ihr Kind an sich schliesst.
ist von bewunderungswürdigem Ausdrucke, ebensowie die Alte, welche
daran denkt, wie sie vielleicht die Rückkehr der Fischer nicht mehr erle-
ben wird. lm Uebrigen ist das Werk mit den zum Fischerleben gehörigen
Details angefüllt, welche sowohl durch eigenthümliche Anordnung, als
durch die vollendete Kunst der Darstellung anziehen. Noch bemerkt man,
hinter dem jungen Menschen, der im Vorgrunde die Netze ordnet, einen
Knaben, der ein Madonnenbild trägt; er folgt den Schritten des Patrons
und scheint, in seiner Unkenntniss mit den Gefahren des Meeres, ungedul-
dig auf die Einschiffung zu warten, um seine erste Fahrt mitzumachen.-
Das Bild ist bereits in Privatbesitz übergegangen."
Aus den geistreichen Berichten des Temps entnehmen wir die fol-
gende Stelle:
"Alles, was wir an den Schnittern bewundert haben, findet sich in
Leopold Robert's letztem Werke wieder. Nur glauben wir, dass Seine
gressartige und freie Ausführung noch an Kraft und Wirkung gewonnen
hat. Was die Composition, den Styl, den Gedanken betrifft, so ist es die-
selbe Poesie. derselbe Adel, dieselbe Anmuth. Fast alle Figuren Sind in
Ruhe; drei oder vier allein bewegen sich, und dieses sind die mindest
bedeutenden. Der Gegenstand, die Handlung sind nichts: man sieht nur
Fischer und nichts mehr. Aber welche Menschen! welche Natur! welche
grossartigen Formen! welcher Ausdruck in ihren ruhigen und unbewegli-
chcn Zügen! welches Leben und Gefühl in diesen südlichen PlIYSlOgUQ-