Leopold
Robert.
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Leute , die es sehen, lassen es an Lob nicht fehlen. S0 eben bin ich im
Begriff, ein andres von derselben Grösse zu beenden; ich glaube, es wird
etwas mehr gefallen. Ich suche Alles nach der Natur zu machen, David
sagte uns immer, dass dies der einzige Lehrmeister ist, dem man ohne
Furcht vor Verirrungen folgen kann. Ach, mein Theurer, wie bin ich
glücklich! wie schön ist Italien! wie nimmt die Freude an allen Dingen,
die ich sehe, die ich bewundere, fortwährend zu! Diese Gegenden sind
für die Künstler gemacht, oder vielmehr: nur die Künstler sind im Stande,
ihre Anmuth zu empfinden."
3. October 1822.
"Ich bin sehr begünstigt worden, ich gestehe es; ich dachte ein Genre
zu ergreifen, welches man noch nicht kannte, und es hat gefallen; viele
andre Künstler fangen an, ähnliche Gegenstände zu malen: es ist immer
Vortheil, der erste zu sein. Als ich ankam, frappirte mich der Charakter
dieser italienischen Gestalten, ihrer besonderen Sitten und Gebräuche,
ihrer malerischen und raulien Kleidungen; ich dachte dies mit aller Wahr-
heit, wie es mir möglich wäre, wiederzugeben, vor Allem aber jene Ein-
falt und jenen Adel, den ich bei diesem Volk bemerkte, das noch immer
einen Zug seiner Vorfahren bewahrt. Was ich bisher gemacht habe,.ge-
niigt mir noch nicht; ich holie, es wird mir besser gelingen. Indess sind
meine Bilder, was sie auch darstellen, sehr gesucht: ich muss mir zu
meiner italienischen Reise Glück wünschen, ich glaube, dass ich lange hier
bleiben werde. Ein andrer Vortheil ist der, dass das Olima, statt mir
zuwider zu sein, mir ausserordentlich wohl bekommt; ich habe niemals
auch nur das leichteste Fieber gehabt".
„Uebrigens kostet mich meine Kunst sehr viel. Ich bin genöthigt,
fortwährend Modelle für meine Bilder zu halten, ich habe den Entschluss
gefasst, nicht einen Finger ohne diese Hülfe, die niemals betrügen kann,
zu machen. Ich besitze eine beträchtliche Garderobe von all den Kostü-
men, die ich in der Umgegend finde und die mir gefallen. Ich mache
Excursionen im wildesten Gebirge; ich finde dort ganz neue Motive für
dies Genre, und das ist es, was gefällt. Im vorigen Sommer bin ich in
Neapel gewesen, wo ich Vieles der Art gekauft habe. ich machte den
Weg mit mehreren Freunden zu Fuss, und ebenso zurück über Monte
Cassino, wo wir nur durch ein Wunder den Händen der Räuber entgangen
sind." U. s. w.
Februar 1823.
"Ich möchte, dass Du in diesem Augenblicke in Rom wärest. Der
Karneval hat angefangen, und ich denke, dass Du mit Deinem heiteren
Charakter dabei gute Unterhaltung haben würdest. Ich für mein Theil
denke daran so wenig, dass ich glaube, ich werde nicht einmal den Corso
besuchen; dies Volksgewühl macht mich dumm."
Im Jahre 1822 hatte er seinen jüngeren Bruder, Aurel Robert, einen
Künstler, dessen Name jetzt mit Achtung neben dem seinigen genannt
wird, zu sich nach Rom kommen lassen; er freute sich, die Studien
des gleichgesinnten Jünglings zu leiten, und bewies überhaupt, wie aus
zahlreichen Zeugnissen der vorliegenden Briefe hervorgeht, bis an Seinen
Tod die zarteste Sorgfalt für das Wohl desselben. Im Jahre 1826 kamen
seine geliebte Mutter und seine Schwester zu ihm und führten seinen Haus-