Robert.
Leopold
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Leopold
Robert
(Museum
1835,
Ein Künstler, welcher die Zierde unsres Jahrhunderts war, ist gestor-
ben; ein Name, den die Nachwelt dereinst den höchsten zugesellen wird,
ist nicht mehr unter uns zu finden; ein Prophet, welcher das Heiligthum
der Schönheit unsern Augen enthüllte, hat sein Amt niedergelegt. Uns
bleibt die traurige Pflicht, die Grösse unsres Verlustes zu ermessen.
Leopold Robert war freilich nur, was die Schule einen "Genre-
rnaler" nennt, das heisst: er hat nicht Götter und Heroen, nicht Heilige,
keine weltgeschichtlichen Begebenheiten dargestellt; es sind nur Menschen
des Tages aus niederen Kreisen, in gewöhnlichen Beschäftigungen, die
wir auf seinen Bildern sehen, aber welch ein Geschlecht von Menschen!
Es ist rührend, wenn wir hören, mit welcher Sorgfalt, mit wie unermü-
detem Eifer er nach der Natur und nach seinen Modellen gearbeitet hat.
tausende können dasselbe, und werden doch nichts Andres als alle Tri-.
vialität des gewöhnlichen Lebens wiedergeben. Ihm hatte ein Gott das
Auge aufgetllan, dass er im Menschen sein höheres Urbild, und nur dieses,
sah, dass er den ewigen Gehalt des Lebens, bis in dessen kleinste Bezie-
hungen hinein, fühlen und lebendig darstellen konnte. Seine Bilder sind
keine idealen Träume, sie enthalten die eigentliche Wirklichkeit des Le-
bens; denn das Uebrige ist ein leerer Schaum, den die Sonne des Geistes
schnell verflüchtigt.
Darum stehen seine Genre-Darstellungen den höchsten VQrwüI-fgy]
früherer Jahrhunderte zur Seite; darum athmen sie dieselbe harmonische
Ruhe, denselben Adel des Geistes, dieselbe Gleichmässigkeit und Reinheit
des Gemüthes, die uns in den Werken des griechischen Alterthums, in
den Werken des Cinquecento, vor Allen RaphaePs, so wunderbar entge-
genwehen. Es bietet das Leben dem Künstler nichts Kleines und nichts
Grosses, wenn er daran glaubt, dass Gott den Menschen nach seinem Bilde
geschaffen hat.
Und Leopold Robert war ein treuer Künstler. Er hat ernstlich,
wie wenige, gerungen, um die Schönheit, welche seinem Auge vorschwebte.
in vollkommenster Lebendigkeit und Naturgemässheit auf die Leinwand
überzutragen; mit unausgesetztem Fleisse hat er dahin gestrebt, die Ge-
setze der körperlichen Erscheinung in Form und Farbe sich zu eigen zu
machen; er hat keine Kosten, keine Mühe und Gefahr gescheut, um die
Natur, die ewige Lehrmeisterin des Künstlers, in ihrem fortwährenden
Wechselspiele beobachten zu können. Er hat es erreicht, dass seine
Werke den Stempel der technischen Vollendung tragen, ohne den freilich
jene höhere Auffassung ein Traum geblieben wäre.
Sein Charakter als Mensch war derselbe, der aus seinen Bildern llnS
entgegentritt: ernst, mild, rein und zur Schwermuth geneigt. Iln Beginn
seiner höhern künstlerischen Laufbahn trat er zuerst, durch trübe Erfah-
rungen bedrückt, nicht ohne Zaghaftigkeit und Unentschlossenheit auf.
Aber sobald er durch glücklichere Umstände in sein eigentliches Element
geführt war und seine Kräfte geprüft hatte, so entfaltete sich schnell der
Muth und das Bewusstsein seines Talentes. Freilich war er nie mit seinen