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Pantograph.
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Das der Construction des Diugraphen zu Grunde liegende Princip ist
so einfach. dass man kaum begreifen kann, wie diese Erfindung der neusten
Zeit vorbehalten blieb; indess ist es seit dem Ei des Columbus bekannt,
dass man in der Regel auf das Einfachste zuletzt verfällt. Indem nemlich
das Auge, vermittelst eines Diopters, an einen bestimmten Punkt gefesselt
wird, lässtman durch einen andern Punkt, dessen Entfernung vom Auge
von der Bestimmung des Zeichners abhängt, die Umrisse des zu zeichnen-
den Gegenstandes umschreiben. Dieselbe Bewegung, welche dieser letztere
Punkt in der vertikalen Fläche ausübt, wiederholt, durch eine besondere
Vorrichtung, auf der horizontalen Fläche (dem Zeichenbrett) ein aufrecht
stehender und durch irgend ein geringes Gewicht beschwerter Bleistift.
Die Hülse des Bleistifte leitet man mit den Händen und bestimmt durch
diese, gewissermaassen unwillkürliche Manipulation die Bewegung jenes
in der vertikalen Ebene bctindlichen Visirpunktes. Die Construction des
Instrumentes in ihren Einzelheiten würde hier ohne detaillirte Abbildungen
nicht wohl zu veranschaulichen sein; wir unterlassen somit diese näheren
Angaben und bemerken nur, dass die allerdings complicirte Bewegung ein
mit höchster Accuratesse gearbeitetes Instrument nöthig macht, was jedoch
bei den Gavard'schen Diagraphen bereits auf bewunderungswürdige Weise
der Fall ist. 1)
Der Nutzen, welcher aus der Anwendung des Diagraphen für die
gesammte Ausübung der Kunst gezogen werden kann, ist so augenfällig,
dass besondere Andeutungen hierüber kaum nöthig scheinen. Alles was
in der Arbeit des Zeichnens mechanisch ist, d. h. das Auffassen der Ver-
hältnisse an in Ruhe befindlichen Gegenständen, die vollständige Angabe
ihrer Umrisse, wird durch das Instrument geleistet. Landschaften, Archi-
tekturen, Sculpturen, Gemälde u. s. w. sind hiedurch aufs Genaueste auf-
zunehmen. Die schwierigen Constructionen, welche die Perspektive in
der Aufnahme von architektonischen Gegenständen nöthig macht, werden
durch den Diagraphen vollkommen überflüssig; die Verkürzungen in der
Zeichnung der Statuen sind hier auf die leichteste und sicherste Weise
wiederzugeben. Selbst für Porträtzeichnung, falls man den Kopf der zu
zeichnenden Person durch irgend eine Vorrichtung auf einige Minuten in
vollkommene Ruhe bringt, wird die Anwendung des Instrumentes, um sich
der Verhältnisse im Voraus zu versichern, von grosscm Vortheil sein. Und
alles dies, wozu sonst vielfache Ueberlegung und langjährige Uebung ge-
hört, ist hier in kürzester Zeit und ohne alle weiteren Vorstudien zu
erreichen.
Natürlich wird Niemand übersehen. dass der Diagraph eben nur ein
Instrument ist, dass er Leistungen, zu denen höhere Geistesthätigkeit er-
fßfdeft Wild, nicht hervorbringen kann. Wirkungen des Lichtes, der Lüfte
jenes geheime innerliche Leben der Natur, dessen Darstellung erst des
höhere Kunstwerk bedingt. dies wird immer der eigenen Auffassungskraff
des Künstlers überlassen bleiben müssen. Bei der selbstschöpfcrischßfl
i] Ausführlichste und durch Kupfurtafeln erläuterte Beschreibung des Dia-
graphen in seinen mannigfachstenModiflcationen enthälLdasWerk: Notice sur le
diagraphe, par M. Gavard, rapitaine cPÄtat-major, ancien älkve de Väcole poli-
technique. Paris (Pr. 15 Francs), auf welches wir unsre Leser vervswiseu
müssen.
Kugler,
Kleine Schriflen.