Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

und 
niagrßPh 
Pantograph. 
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Das der Construction des Diugraphen zu Grunde liegende Princip ist 
so einfach. dass man kaum begreifen kann, wie diese Erfindung der neusten 
Zeit vorbehalten blieb; indess ist es seit dem Ei des Columbus bekannt, 
dass man in der Regel auf das Einfachste zuletzt verfällt. Indem nemlich 
das Auge, vermittelst eines Diopters, an einen bestimmten Punkt gefesselt 
wird, lässtman durch einen andern Punkt, dessen Entfernung vom Auge 
von der Bestimmung des Zeichners abhängt, die Umrisse des zu zeichnen- 
den Gegenstandes umschreiben. Dieselbe Bewegung, welche dieser letztere 
Punkt in der vertikalen Fläche ausübt, wiederholt, durch eine besondere 
Vorrichtung, auf der horizontalen Fläche (dem Zeichenbrett) ein aufrecht 
stehender und durch irgend ein geringes Gewicht beschwerter Bleistift. 
Die Hülse des Bleistifte leitet man mit den Händen und bestimmt durch 
diese, gewissermaassen unwillkürliche Manipulation die Bewegung jenes 
in der vertikalen Ebene bctindlichen Visirpunktes. Die Construction des 
Instrumentes in ihren Einzelheiten würde hier ohne detaillirte Abbildungen 
nicht wohl zu veranschaulichen sein; wir unterlassen somit diese näheren 
Angaben und bemerken nur, dass die allerdings complicirte Bewegung ein 
mit höchster Accuratesse gearbeitetes Instrument nöthig macht, was jedoch 
bei den Gavard'schen Diagraphen bereits auf bewunderungswürdige Weise 
der Fall ist. 1) 
Der Nutzen, welcher aus der Anwendung des Diagraphen für die 
gesammte Ausübung der Kunst gezogen werden kann, ist so augenfällig, 
dass besondere Andeutungen hierüber kaum nöthig scheinen. Alles was 
in der Arbeit des Zeichnens mechanisch ist, d. h. das Auffassen der Ver- 
hältnisse an in Ruhe befindlichen Gegenständen, die vollständige Angabe 
ihrer Umrisse, wird durch das Instrument geleistet. Landschaften, Archi- 
tekturen, Sculpturen, Gemälde u. s. w. sind hiedurch aufs Genaueste auf- 
zunehmen. Die schwierigen Constructionen, welche die Perspektive in 
der Aufnahme von architektonischen Gegenständen nöthig macht, werden 
durch den Diagraphen vollkommen überflüssig; die Verkürzungen in der 
Zeichnung der Statuen sind hier auf die leichteste und sicherste Weise 
wiederzugeben. Selbst für Porträtzeichnung, falls man den Kopf der zu 
zeichnenden Person durch irgend eine Vorrichtung auf einige Minuten in 
vollkommene Ruhe bringt, wird die Anwendung des Instrumentes, um sich 
der Verhältnisse im Voraus zu versichern, von grosscm Vortheil sein. Und 
alles dies, wozu sonst vielfache Ueberlegung und langjährige Uebung ge- 
hört, ist hier in kürzester Zeit und ohne alle weiteren Vorstudien zu 
erreichen. 
Natürlich wird Niemand übersehen. dass der Diagraph eben nur ein 
Instrument ist, dass er Leistungen, zu denen höhere Geistesthätigkeit er- 
fßfdeft Wild, nicht hervorbringen kann. Wirkungen des Lichtes, der Lüfte 
jenes geheime innerliche Leben der Natur, dessen Darstellung erst des 
höhere Kunstwerk bedingt. dies wird immer der eigenen Auffassungskraff 
des Künstlers überlassen bleiben müssen. Bei der selbstschöpfcrischßfl 
i] Ausführlichste und durch Kupfurtafeln erläuterte Beschreibung des Dia- 
graphen in seinen mannigfachstenModiflcationen enthälLdasWerk: Notice sur le 
diagraphe, par M. Gavard, rapitaine cPÄtat-major, ancien älkve de Väcole poli- 
technique. Paris (Pr. 15 Francs), auf welches wir unsre Leser vervswiseu 
müssen.  
Kugler, 
Kleine Schriflen.
	        
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