Original-Ansichten
der
vornehmsten
Städte
Deutschland
0120.
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den zierlichen "schönen Erker" 1) am Pfarrhallsß Zu St. Sebald, dann den
altbyzantinischen, sogenannten Heidenthurm der Burg und darunter die
Sebalduskirche mit ihrem hohen gothischen Chore und der reichen Para-
dieses-Pforte, mit dem byzantinischem Schide und den schlanken Thürmen.
Das folgende Blatt enthält Albrecht Dürers schhchtßs Wohnhaus und das
ritterliche Haus Nassau mit seinen Zinnen und fröhlichen Erkerthürmchen;
darunter der Marktplatz mit der Frauenkirche und dem schönen Brunnen,
zweien Monumenten, die beide wie ein zierlichstes Bildschnitzer-Werk er-
scheinen und zwischen denen die Auswahl dem Beschauer schwer wer-
den dürfte.
Das fünfte Heft giebt uns Bilder, wo minder jene zierliche Kunst der
Steinmetzen, als vielmehr die Weise, wie das Bedürfniss seine Formen
bildet, immer jedoch den angebornen Grund eines künstlerischen Gefühles
nicht verläugnend, auftritt. Zuerst den Weg nach der Burg, deren Thürme
sich über Felsen und mächtigen Substructionen erheben. Dann das Frauen-
thor mit Graben, Mauern und einem jener mächtigen runden Thm-thüyme
Nürnbergs, die wie ungeheure Säulenstücke, jedem Angrili" der Menschen
wie der Zeit unbesiegbar, die einstige Macht und den kriegerischen Muth
der Bürger verkünden. Dann folgt wiederum eine Ansicht der Burg, von
dem Johannes-Kirchhofe, wo alle Edlen Nürnbergs ruhen, man sieht
einen Theil der Grabmäler im Vorgrunde aufgenommen. Den Beschluss
endlich macht eine jener malerischen Wasserpartieen in der Stadt am
Ufer der Pegnitz, der sogenannte Henkersteg mit seinen breitgewölbten
Brückenbogen, seinen massiven Thürmen und mannigfach umhergruppir-
ten Häusern.
Wir haben im Vorigen absichtlich die verschiedenen in den fünf Heften
enthaltenen Ansichten einzeln aufgeführt, um, wenn auch nur mit wenigen
Worten, den Reichthum der Mittheilungen anzudenten. Auch der Text
erfüllt, durch gedrängte Darstellung der wichtigsten historischen Notizen,
Wir können nicht umhin, die beherzigungswerthen Worte, welche der
Text bei Gelegenheit dieses interessanten Monumentes enthält, auszuheben.
"Bald wurde es (heisst es dort) in den älteren Städten Europe's zu einer un-
vertilgbaren Gewohnheit, die man besonders in den süddeutschen Städten und
vor allen in Nürnberg am tiefsßn eingewurzelt findet, Erker und Ausschüsse zu
bauen, welche auf die Strasse hinausgingen und diese allerdings häufig, zumal
wenn sie enge waren, etwas verdunkelten. Doch hat diese Einrichtung etwas
so Angenehmes, dass sich in mancher Strasse fast jeder Hausbesitzer einen sol-
chen Erker errichten liess, wo man, vor Windzug, Sonne und Regen geschützt,
bequem nach allen Richtungen hin die Strasse und alles, was auf derselben vor-
üel, überschauen konnte. Ewig Schade, dass man von dieser guten alten Sitte
S0 58111 abgekommen und dass sie in vielen Städten sogar hauwidrig geworden
ist Frßilißh hat man dafür die italienischen Balkone eingeführt, Welßbß im
Grunde ursprünglich dasselbe in Italien waren, was unsere Erker in Deutsch-
land; nur dass man sie dort, dem heissen Klima gemäss, welches stets freien
Zugang der Luft wünschenswerth machte, unbedeckt und uneingeschlossen liess,
wodurch Sie Sich aber gerade für unser rauhes Klima nicht wohl eißßßll- Und
wenn man den Maassstah des Aesthetischschönen anlegt, wo lässt Sich eine
herrlichere Hauszierde denken, als der hier in seiner ganzen Pracht dargestellte,
mit vollem Recht sogenannte schöne Erker am Pfarrhofe zu St. Sobald? giebt
es einen stärkeren Beweis als diesen, mit welcher Liebe man vordem diese
freundlichen Vorsitze kunst- und sinnreich auszuschmücken bedacht war und
verstand?"