Original-
Ansichten
der vornehmsten
Städte in
Deutschland etc.
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Das Werk erscheint in Heften in gross Quart, deren ein jedes zwei
gestochene Platten und mindestens einen halben Bogen Text zu dem
sehr geringen Subscriptionspreise von 10 Sgr. enthält. Auf den Platten
beenden sich in der Regel zwei, bei grösseren Monumenten eine, bei klei-
neren zuweilen drei Ansichten. Diese geben sowohl allgemeine An- und
Uebersichten der Städte, welche das Charakteristische ihrer jedesmaligen
Gruppirung sammt den Umgebungen und die wichtigsten Bauwerke als ein
Ganzes darlegen, als innere Durchblicke durch Strassen und Plätze und,
wie es der Titel besagt, mehr detaillirte Abbildungen der für Geschichte
und Kunst merkwürdigen Monumente der Architektur. Ueberüll iSt der
Standpunkt mit grösster Umsicht gewählt, so dass auf gleiche Weise den
Anforderungen des künstlerischen Sinnes, wie denen, welche die möglichst
vollständige Entwickelung des jedesmal vorliegenden Gegenstandes zur
Pflicht machen, Genüge geleistet wird.
Wie die von Louis Lange gefertigten Zeichnungen schlicht; und
durchaus ohne Affektation eben nur den Gegenstand im Auge haben und
nur durch die eben angedeutete Wahl eines schönen und zweckmässigen
Standpurrktes ein wohlgeordnetes Bild zu geben suchen (statt der sonst
nicht seltenen Verschiebungen, Restaurationen, hinzueomponirten Vor- und
Hintergründe); ebenso zeichnet sich der Stahlstich durch die meisterhafte
Behandlung, durch Ernst und würdige Ruhe, nicht minder jedoch auch
durch vollkommenste Sauberkeit und Klarheit aus. Er ist in letzterer
Beziehung den ähnlichen Arbeiten der Engländer zur Seite zu stellen, ohne
jedoch, wie es bei diesen nur zu häutig vorkommt, den Gegenstand der
Technik unterznordnen. Es genügt, den berühmten Kupferstecher Ernst
Rauch, dessen meisterhafte architektonische Stiche (in den Boisseree'schen
und Mollefschen Werken) allgemeine WVürdigung gefunden haben, als an
der Spitze des Unternehmens stehend und am Thätigsten für dasselbe zu
nennen; Oarl Rauch, L. Schnell, Heinrich Hügel, E. Grunewald,
deren Namen sich unter den bis jetzt vorhandenen Platten finden, verdie-
nen dieselbe Anerkennung.
Das erste Heft enthält vier Ansichten von Frankfurt am Main.
Höchst interessant ist hier besonders die erste, welche die Stadt von der
unteren Seite des Mains darstellt. Hier sieht man die belebten Quais des
Ufers hinauf, vorn von alterthümlichen Gebäuden begrenzt, unter denen
die merkwürdige Leonhardskirche, der Saalhof, und weiter zurück der
majestätische Thurm des Domes sich bemerklich machen. Dann führt die
stolze Mainbrücke nach Sachsenhausen hinüber, und jenseit der Brücke,
am östlichen Theile des Quais, erheben sich die hohen neuen Gebäude der
Schönen AIISSiCht, von dem zierlichen Bibliothekgebäude geschlossen. Der
Fluss ist von Kähnen und Schiffen belebt; ein Dampfschiff hat eben das
Ufer verlassen und wendet sich dem Beschauer entgegen, stromab nach
Mainz. Das zweite Bild stellt die Hauptstrasse Frankfurts , die Zeile,
mit ihren reichen Häusern und Palästen dar. Das dritte giebt einen
Ueberblick von dem Thurm der Barfüsserkirche auf den ältesten Theil der
Stadt, wo mannigfache Giebel, Zinnen und Erkerthürmchen aus dem Ge-
wirre der Gassen emportauchen, Alles von dem mächtigen Domgebällde
überragt. Dahinter zieht sich der Spiegel des breiten Stromes empor und
leitet den Blick des Beschauers an Villen und Gebüschen vorbei, bis nach
Offenbach und zu den fernen Bergen, die den Horizont umgrßnzen. Das