Anweisung zur
Architektur
des
Cultus.
christlichen
Kreuzgewölbe annehmen; der Verfasser hätte das aus der barbarisch ge-
scholtenen gothischcn Baukunst lernen können, statt ganz schwankende
und ästhetisch unbegründete Formen zu kopiren. Auch sagt er selbst
früher (S. 25), ganz im Widerspruch mit dieser Anordnungz" "Gedruckte,
elyptische" (elliptische), "überhöhte und zusammengesetzte Gewolbhmenwür-
den wir nie dulden, und uns zu diesem Aussprüche dllfßil das Beispiel
der Alten berechtigt glauben, welche dergleichen Gewölbllnlßrl 1118 da
anwendeten, wo Harmonie und Einfachheit der Linien erfordert ward."
Die Ausnahme von diesen Anordnungen zeigt der letzte, bedeutendste
Kirchenentwurf des Verfassers (T. XXV). Hier sind die Säulen. welche
das grosse Gewölbe zu tragen haben, gekoppelt, oder vielmehr vier im
Quadrat zusammengestellt (um den nöthigen Widerstand gegen den Druck
des Gewölbes leisten zu können), und unter sich durch Gebälke, mit dem
nächsten Carre durch Bögen verbunden; über diesen Bögen läuft dann ein
gerades Gesims hin, auf welchem erst das Tonnengewölbc aufsetzt. Aller-
dings eine mehr harmonische, gesetzmässige Anordnung; aber die schlan-
ken griechischen Säulen und ihre Gebälke erscheinen für das Gefühl jeden-
falls ausser allem Verhältniss zu der ungeheuren Last, die auf ihnen ruht,
und geben dem Verfasser den Vorwurf zurück, den er den grossen gothi-
sehen Baumcistern gemacht hat: eines "Aufwandes an Verstand, um den
Mangel an Vernunft wieder gut zu machen." Solide Pfeilermassen, wie
sie die vom Verfasser so verächtlich zurückgewiesenen späteren Italiener
in gleichem Falle anwandten, wären hier die einzige Auskunft gewesen.
Der in Rede stehende Kirchenplan ist übrigens der einzige, bei welchem
der Verfasser ein bedeutendes Querschiff und über dessen Durchschneidung
eine Kuppel angewandt hat; von dem kolossalen Thurme, der über dieser
Kuppel. errichtet ist, sprechen wir später.
Wenden wir uns nunmehr zum Aeusseren der Gebäude. Wir können
dasselbe ziemlich ohne Rücksicht auf das Innere betrachten, da der Ver-
fasser auch auf organischen Zusammenhang zwischen beidem, der z. B. in
der gothischen Architektur so bedeutsam hervor-tritt, wenig Rücksicht ge-
nommen hat. Namentlich finden wir öfters, dass, um passende Verhältnisse
zu gewinnen, ein Drittheil des inneren Raumes zur einfachsten Daehcon-
struction verwandt ist.
Der Verf. giebt in seinen Blättern wesentlich die Frontseiten der
Kirchen; über die künstlerische Gestaltung der Langseiten erfahren wir
nicht viel. Einige Entwürfe zeigen Fenster von der Form eines halben
Kreises; andre haben zwei Reihen Fenster übereinander: "Man kann sich
da oft nicht enthalten, zu fragen, in welcher Etage der Gottheit Wohnung
sei." (Eigene Worte des Verf. S. 24.) Wo die Frontseite-n durch einen
griechischen Prostyl von grösserer oder geringerer Säulenzahl gebildet
werden, ist eine bekannte, an sich schöne Anordnung wiederholt. Bei
verschiedenen kleineren Kirchen bildet dagegen die eigentliche Mauer des
Gebäudes die Fronte und hat dann nach oben zu entweder einen Giebel
nach griechischer Weise oder einen horizontalen Abschluss. Zuweilen
kommen Pilaster auf den Ecken der Fronten vor; wo diese jedoch ein
vollständiges griechisches Gebälk tragen, dünkt uns ein neuer Fehlgriff
vorhanden: Pilaster, im Charakter einer griechischen Säulenordnung ge-
halten, müssen nothwcndig deren Gesetze, also auch das der engeren
Zivischenweiten, befolgen, wenn das Gefühl des Beschauers nicht verletzt
Kuglcr, Kleine Schriften. m. 7