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Pfälzische
Studien.
haben 1). Vielleicht werden bald von einsichtigen Kennern diejenigen
Lokal-Untersuchungen am Dome von Worms vorgenommen, die über alle
diese Punkte den erwünschten entscheidenden Aufschluss gewähren.
Der Dom von Worms ist, abgesehen von seiner Architektur, auch durch
schätzbare Denkmäler älterer deutscher Sculptur ausgezeichnet. An der
Wand des nördlichen Seitenschiiies befindet sich ein Sandsteinrelief von
etwa 7 Fuss Höhe, welches, unter spätgothischen Baldachinen, die stehenden
Gestalten von drei weiblichen Heiligen enthält. Sie sind gekrönt, mit
Büchern und Palmen in den Händen und inschriftlich als S. Embede,
S. Warbede, S. Willibede bezeichnet. Es zeigt sich hier eine sehr
schöne Durchbildung des spätgermanischen Styles, der Frühzeit des funf-
zehnten Jahrhunderts angehörig. Bei der grossen Feinheit der Köpfe und
dem Adel in der Anordnung der Gewänder ist das Werk zum Abguss für
Gypssammlungen, welche den kunsthistorischen Entwickelungsgang an be-
deutenden Beispielen vergegenwärtigen wollen, vorzugsweise geeignet.
Dann ist eine Anzahl von Sandsteinsculpturen in der zierlich gothischen
Tauf- oder Nikolauskapelle enthalten. Sie sind ziemlich gleichzeitig, einige
von ihnen mit der Jahrzahl1488 datirt, reich umrahmte grosse gothische
Nischen mit Hautreliefdarstellungen, welche letzteren die Geburt Christi,
die Verkündigung, die Grablegung, die Auferstehung Christi, den Stamm-
baum der Maria enthalten. Ihnen reiht sich eine Folge von einzeln auf-
gestellten sculptirten Gewölbrosetten, so wie der zierlich dekorirte Taufstein
an. Alles dies sind Arbeiten einer ehrenwerthen Lokalschule, welche, der
allgemeinen Richtung nach, zwischen den Nürnbergern A. Kraft und V. Stoss
etwa die Mitte hält. Die Compositionen erheben sich freilich nicht son-
derlich über das Herkömmliche, auch die Weise der körperlichen Gestal-
tung ist nicht eben bedeutend, obgleich einzelne der in den Umrahmuugen
angebrachten kleinen l-Ieiligeniiguren eine glückliche Auffassung und Be-
handlung erkennen lassen. In den Gesichtern dagegen ist manches anspre-
chend Milde, Natürliche, selbst Edle, was einigermaassen an das Wesen
der schwäbischen Malerschule erinnert.
Ausserdem "befinden sich in der eben genannten Kapelle jene schon in
meiner Geschichte der Malerei (zweite Ausgabe, II., S. 167) näher bezeich-
neten Altartlügelbilder mit Heiligengestalten, die den völlig ausgeprägten
romanischen Styl der Malerei um das Ende des zwölften Jahrhunderts in
sehr charakteristischer Weise wiedergeben, und die, bei der Seltenheit von
Tafelbildern jener Epoche, so eigenthümlich merkwürdig sind. Dagegen
haben die Reste alter Wandmalereien im Inneren des Domes im nörd-
lichen Kreuztlügel, die meine Geschichte der Malerei (S. 150) ebenfalls
aufführt, nur ein untergeordnetes Interesse.
Einige andre bauliche Denkmäler, wenn auch nur noch in grösseren
oder geringeren Resten erhalten, lernte ich auf meinen Spaziergängen und
Wandermärschen in den Bergen der Hardt kennen. Ich lasse die Notizen
über diese folgen.
Vorzüglich malerisch, ganz nahe bei Dürkheim, ist die Kirche des in
einer hohen Thalschllwht gelegenen Dörfchens Seebach. Es war ein
durch die ganze
charakteristische
Das häuüge_ Vorkommen der antikisirenden Karniesform
Epoche des romanlschen Styles erscheint überhaupt als eine
Eigenthümlichkeit der mittelrhainisehen Bauten.