November
1853.
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Seite des Domes, die, aus der früheren Zeit des zwölften Jahrhunderts
herrührend, im J. 1138 geweiht wurde und deren Details Verwandtschaft
mit entsprechenden Details" an den alteren Theilen des Domes haben. Ich
kann aber Schnaase zunachst nur in Allem berstimmen, was er gegen
v. QuasUs Ansicht über den unbedingt maassgebenden Einfluss dieser
Kapelle, d. h. des an ihr ausgesprochenen baulichen Systems, auf den Bau
deeDomes beigebracht hat; ich sehe in der unorganischen Zusammen-
setzung weicher Gliederformen, wie sie in dieser Kapelle vorkommen, und
in der disharmonischen Verbindung solcher Zusammensetzungen mit völlig
rohen Details (die in der äusseren kleinen Arkadengallerie, in dem Auf-
setzen der schmalen gegliederten Architrave über den breiten unförmlichen
Kapitälen, das Höchste von architektonischer Missform erreicht), nur eine
Entartung, der eine stylbildende Kraft nimmer einwohnen konnte.
Schnaase findet sich daher zu der entgegcngesetzäen Ansicht Beragllassit,
die den Dom und dessen Formen als das Vorangehen e nimmt, un sc re1 t
den Bau des letzteren der Zeit zunächst nach dem Brande von 1081 zu,
da ein etwaniges weiteres Zurückdatiren durch jene neuerlich aufgefundene
Nachricht, derzufolge der früher vorhandene Dombau eine flache Decke
hatte, während der gegenwärtige in seinen alten Theilen schon von Hause
aus auf die Ueberwölbung berechnet erscheint, unthunlich gemacht werde.
Wäre es aber nicht möglich, dass der Mainzer Dom, ebenso wie der
Speyerer, ursprünglich dennoch eine einfache ungewölbte Pfeilerbasilika
war und dass auch hievon der Kern noch in seiner schlichten Mächtigkeit
erhalten ist? Ich glaube, dass dies in der That der Fall ist. Die Pfeiler-
stellung ist ähnlich schwer und gepresst wie in Speyer; Hauptpfeiler und
Zwischenpfeiler sind ebenso von gleicher Stärke; ebenso erheben sich
über beiden breite Mauervorsprünge, überwölbte Blendnischen zwischen
sich einschliessend. Diese haben zwar nicht die Höhe wie in Speyer, und
die Oberfenster sind nicht in sie hineingezogen; die letzteren liegen über
ihnen; aber gerade die Stellung dieser Fenster scheint mir einen deutlichen
Beleg dafür zu geben, dass hier verschiedene Zeiten und verschiedene
äysteme eingnder berülären. Es ist ein Missverhältniss zwischen der breiten
orm jener ischen un der schlankeren Form der Fenster ein auffälliveres
Missverhältniss darin, dass das einzelne Fenster nicht seiikrecht übe: der
einzelnen Nische steht, vielmehr jene (je zwei) enger zu einander "gestellt
sind. Unterwärts, in Arkaden und Nischen, ist völliges Gleichverhältniss
des Einzelnen; oben, bei den Fenstern, ein Zusammengruppiren. Letzteres
war durch die Gewölbansätze bedingt, innerhalb deren die Fenster liegen;
aber welch ein erdenkbarer Grund konnte vorliegen, das entgegengesetzte,
in den Arkaden ausgesprochene Verhältniss durch die tlachen, lediglich
dekorirenden Nischen, undekorativer Weise, bis zur unmittelbaren Nähe
der Fenster emporzuziehen? wälchän arltzhitektonischen Sinn konnten diese
Blendnischen überhaupt bei er esta tung des Mittelschities, wie diese
gegenwärtig vorhanden ist, haben? Der Widerspruch löst sich meines
Erachtens völlig naturgemäss, wenn wir auch hier, wie eben angedeutet,
den Rest einer ursprünglich uugewölbten Basilika annehmen, zu der jene
Blendnischen gehören, die über letzteren ohne Zweifel ein horizontalcs
Gesims und darüber Fenster in gleichen Abständen hatte und der erst bei
der Einrichtung des Domes Zur GßwölbkirChc, einen Pfeiler um den andern,
die Halbsäulen als Gurtträger hinzugefügt wurden, während man gleichzeitig