Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

November 
1853. 
729 
Seite des Domes, die, aus der früheren Zeit des zwölften Jahrhunderts 
herrührend, im J. 1138 geweiht wurde und deren Details Verwandtschaft 
mit entsprechenden Details" an den alteren Theilen des Domes haben. Ich 
kann aber Schnaase zunachst nur in Allem berstimmen, was er gegen 
v. QuasUs Ansicht über den unbedingt maassgebenden Einfluss dieser 
Kapelle, d. h. des an ihr ausgesprochenen baulichen Systems, auf den Bau 
deeDomes beigebracht hat; ich sehe in der unorganischen Zusammen- 
setzung weicher Gliederformen, wie sie in dieser Kapelle vorkommen, und 
in der disharmonischen Verbindung solcher Zusammensetzungen mit völlig 
rohen Details (die in der äusseren kleinen Arkadengallerie, in dem Auf- 
setzen der schmalen gegliederten Architrave über den breiten unförmlichen 
Kapitälen, das Höchste von architektonischer Missform erreicht), nur eine 
Entartung, der eine stylbildende Kraft nimmer einwohnen konnte. 
Schnaase findet sich daher zu der entgegcngesetzäen Ansicht Beragllassit, 
die den Dom und dessen Formen als das Vorangehen e nimmt, un sc re1 t 
den Bau des letzteren der Zeit zunächst nach dem Brande von 1081 zu, 
da ein etwaniges weiteres Zurückdatiren durch jene neuerlich aufgefundene 
Nachricht, derzufolge der früher vorhandene Dombau eine flache Decke 
hatte, während der gegenwärtige in seinen alten Theilen schon von Hause 
aus auf die Ueberwölbung berechnet erscheint, unthunlich gemacht werde. 
Wäre es aber nicht möglich, dass der Mainzer Dom, ebenso wie der 
Speyerer, ursprünglich dennoch eine einfache ungewölbte Pfeilerbasilika 
war und dass auch hievon der Kern noch in seiner schlichten Mächtigkeit 
erhalten ist? Ich glaube, dass dies in der That der Fall ist. Die Pfeiler- 
stellung ist ähnlich schwer und gepresst wie in Speyer; Hauptpfeiler und 
Zwischenpfeiler sind ebenso von gleicher Stärke; ebenso erheben sich 
über beiden breite Mauervorsprünge, überwölbte Blendnischen zwischen 
sich einschliessend. Diese haben zwar nicht die Höhe wie in Speyer, und 
die Oberfenster sind nicht in sie hineingezogen; die letzteren liegen über 
ihnen; aber gerade die Stellung dieser Fenster scheint mir einen deutlichen 
Beleg dafür zu geben, dass hier verschiedene Zeiten und verschiedene 
äysteme eingnder berülären. Es ist ein Missverhältniss zwischen der breiten 
orm jener ischen un der schlankeren Form der Fenster ein auffälliveres 
Missverhältniss darin, dass das einzelne Fenster nicht seiikrecht übe: der 
einzelnen Nische steht, vielmehr jene (je zwei) enger zu einander "gestellt 
sind. Unterwärts, in Arkaden und Nischen, ist völliges Gleichverhältniss 
des Einzelnen; oben, bei den Fenstern, ein Zusammengruppiren. Letzteres 
war durch die Gewölbansätze bedingt, innerhalb deren die Fenster liegen; 
aber welch ein erdenkbarer Grund konnte vorliegen, das entgegengesetzte, 
in den Arkaden ausgesprochene Verhältniss durch die tlachen, lediglich 
dekorirenden Nischen, undekorativer Weise, bis zur unmittelbaren Nähe 
der Fenster emporzuziehen? wälchän arltzhitektonischen Sinn konnten diese 
Blendnischen überhaupt bei er esta tung des Mittelschities, wie diese 
gegenwärtig vorhanden ist, haben?  Der Widerspruch löst sich meines 
Erachtens völlig naturgemäss, wenn wir auch hier, wie eben angedeutet, 
den Rest einer ursprünglich uugewölbten Basilika annehmen, zu der jene 
Blendnischen gehören, die über letzteren ohne Zweifel ein horizontalcs 
Gesims und darüber Fenster in gleichen Abständen hatte und der erst bei 
der Einrichtung des Domes Zur GßwölbkirChc, einen Pfeiler um den andern, 
die Halbsäulen als Gurtträger hinzugefügt wurden, während man gleichzeitig
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.