Pfälzische
Studien.
November
1853.
723
die alten Mauern hineingebaut und das Ganze zu einem lustigen Garten
eingerichtet, Romantikern vielleicht zum Leide, der Majestät der alten
Reste doch nicht zum Schaden. Sie dulden gelassen das lustige Treiben
an ihrem Fusse und blicken hinaus in das Thal und das rheinische Land
bis zum Odenwalde drüben, wie sie es Jahrhunderte hindurch gethan. Die
rheinfränkischen Herzoge hatten hier im frühsten Mittelalter eine mächtige
Pfalz, und die Umschau von droben bezeugt es noch heut, dass der Punkt
zu einem Herrschersitz geschahen war. Die Frömmigkeit Kaiser Konrads II.
machte aus der Pfalz ein Kloster. Der Grundstein dazu soll im Jahre 1030
gelegt sein; die Weihung der vollendeten Kirche erfolgte im Jahre 1042.
Die erhaltenen Reste (mit Ausnahme einiger spätgothischen T heile) gehören
bestimmt diesem frühen Bau an. Es war eine Säulenbasilika von kolossalen
Verhältnissen. Vom Mittelschiff ist nichts als einige Säulenfragmente er-
halten. Der Chor, ein einfaches Quadrat, ohne Absis, erhob sich über
einer Krypta, deren Gewölbe fehlen, von deren architektonischen Details
aber noch allerlei Reste vorhanden sind. Die Flügel des Quersohides ent-
halten Seitenabsiden, hoch und verhältnissmässig schmal, die nach aussen
wie halbrunde Erkerthürme vortreten, aber von den Oberfenstern des Quer-
schiiTes noch überragt werden. Westwärts war eine eigenthümliche Vor-
halle, und den Ecken des Westbaues waren kleine Rundthürme vorgelegt,
von deren einem der Sockel noch da ist. Einen erhabenen Eindruck macht
der Durchblick durch das Innere des Querschiifes, dessen Mauern bis zur
Höhe der krönenden Gesimse stehen; Wandpilaster springen vor, mit Halb-
kreisbögen die Fenster, die Absiden der Ostwände und schmalere Blend-
nischen zu deren Seiten übcrwölbend; die Gesimse sind ganz einfach, nur
Platte und schräge Schmiege. Es ist hier eine Kühnheit der Verhältnisse,
eine Festigkeit, ein strenger gediegener Ernst, Eigenschaften. die die
volle und zugleich bestimmt bewusste Energie einer jugendlichen Kunst
nicht verkennen lassen. Je öfter ich in der Ruine weilte, je stärker und
entschiedener wirkte ihre Erscheinung auf mich in diesem Sinne. Von
den Säulenresten des Schiffes ist besonders die Basis bemerkenswerth,
welche die attische Gliederung in eigenthümlich edler, stark ausladender
und fein belebter Proiilirung zeigt; die Kapitale haben die abgerundete
Würfelform, hier noch in ziemlich schwerer Behandlung, die glatten Seiten-
ilächen noch in wenig charakteristischer Durchbildung. In der Krypta
haben die Säulenbasen ein höheres, straffes Verhältniss; namentlich die
Kehle ist hoch und wenig ausladend, die Weise der Proiilirnng indess auch
hier nicht ohne Leben. Die Kapitale sind klarer als im Schiff, mit schär-
fer hervorgehobenen Seitentlächen, gearbeitet. Die Eckpfeiler der Krypta
haben ein leicht geschwungenes Karnies mit einer Platte darüber zum
Deckgliede 1). Die AllSSßllmaüßrrl des Quersohitfes sind mit einfach pro-
filirten rundbogigen ITrieson versehen, von denen zwischen den Fenstern
Lissenen bis zur halben Höhe des Baues niedcrlaufen. Auch die Absiden
des Querschiiies haben schlichte Lissenen, mit jener alterthümlichen Basis,
welche einfach aus Platte und hoher Schmicge besteht. Ansätze ganz ähn-
licher Lissenen, Vier an de? Zahl, finden sich an dem Sockel des einen
runden Eckthurmes. Für die erste Hälfte des elften Jahrhunderts, für
1) Die Details sind. bei Geier und Görz, in den Denkmälern Romanigchgl-
Baukunst am Rhein, L1mburg,_ B1. 11., enthalten; doch geben die Abbidnngen
den Schwung das Profils nicht In gßnüäörlder Feinheit und Leichtigkeit.