Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

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Berichte 
und 
Kritiken. 
War die in der Glasmalerei übliche Stylistik,  zugleich aber auch die 
der damals blühenden französisch-tlandrischen Miniaturrnalerci, die der 
ersten Uebung der selbständigen Emailmalerei die Typen der Darstellung 
an die Hand gab. Die letztere erscheint zu Anfange noch zwischen den 
Behandlungsweisen jener beiden Malkünste schwankend, gewinnt aber bald 
die Eigenthümlichkeit, dass, neben zuerst violettlichen, dann weisslichen 
Carnationen, die leuchtendsten Gewandfarben sich höchst wirksam aus dem 
besonders gern angewandten schwarzen Grunde abheben. 
Der erste namhafte Emailmaler, Jean Penicaud der ältere, im 
Anfange des sechzehnten Jahrhunderts thätig, gehört noch entschieden die- 
ser Richtung an. Der Louvre besitzt keine Arbeit seiner Hand; unter sei- 
nen, in andern Sammlungen zerstreuten Werken zeichnet sich ein schönes 
'I'riptychon mit der Darstellung der Kreuzigung auf der Mitteltafel aus, 
welches sich in der Berliner Kuustkammer (S. 135, N0. 211 meiner Beschrei- 
bung) befindet. Etwa mit dem vierten Jahrzehnt des sechzehnten Jahr- 
hunderts treten aber, neben gleichzeitig beginnender lebhafter königlicher 
Förderung, italienische Einflüsse hinzu, die für Styl und Behandlung auch 
dieser Kunstgattung von wesentlicher Bedeutung sind. "Gleichwohl (so 
sagt der Verfasser) war der italienische Einfluss nicht einseitig vorherr- 
schend, und wir verdanken der räumlichen Entfernung zwischen Limoges 
und dem Hofe von Frankreich das festere Beharren des französischen Cha- 
rakters. Die reizenden Copien der Portraits von Fr. Clouet, der der natio- 
nalen Behandlungsweise treu geblieben war; die Nachahmung der Compo- 
sitionen des Delaune, der nur halb der italienischen Richtung folgte, und 
der französischen und deutschen kleinen Meister, die von dieser Richtung 
nur den Widerschein hatten, alles dies ohne souderlichc Unterscheidung, 
aber stets mit Geschmack durch einander gemischt und in einander auf- 
gehend, gestaltet sich zu einer Art von Styl, welcher Limoges eigenthüm- 
lieh ist, den man auf den ersten Blick erkennt und der der Ernailmalerei 
auf die Dauer angehört." Aber freilich,  und auch darauf deutet der 
Verfasser hin,  bleibt die Emailmalerei ein künstlerischer Nebenzweig, 
der zwischen der Abhängigkeit von dekorativen Zwecken und dem Streben 
nach Selbständigkeit auf Kosten dieser Zwecke schwankend erscheint und 
daher, neben einzelnen schätzbaren Ausnahmen, seine handwerkliche Grund- 
lage wiederum nicht zu verleugnen vermag. 
Die Reihe der namhaften französischen Emailmalcr, seit der bestimm- 
teren Ausprägung der Richtung, welche dies Kunstfach einschlagen sollte, 
ist nicht Hnbßiräßhtliell; Namen, Chiffern, Jahrzahlen auf ihren Arbeiten, 
auch andre urkundliche Zeugnisse dienen dazu, sie festzustellen; ebenfalls 
zahlreiche Nachahmer und Mitstrebende ohne Namen reihen sich ihnen an. 
Der Verfasser hat es sich angelegen sein lassen, unter Berücksichtigung 
des reichlich vorhandenen Materials, diese Verhältnisse in möglichster Klar- 
heit darzulegen. Er führt zunächst die verschiedenen Künstler der Familie 
Pcuicaud an, welche sich jenem älteren Meister anschliesscn: Jean Peni- 
ßillld H, vermuthlich einen jüngeren Bruder desselben, bei dem sich der 
Uebergang aus dem ängstlicheren Style der Miniatoren in den freieren der 
italienischen Richtung aukündigt; Jean Penicaud III, vermuthlich einen 
Sohn dCS lßllmlen, "das grosse Talent und den Ruhm von Limoges", einen 
Künsllöf, der illsbßsündere der Richtung des Parmigianino folgt, der aber 
stets frei erscheint und dessen Werke zumeist.  in der glücklichen Be- 
scheidenheit, die gerade bei rlcr schwierigen Technik dieses Faches die
	        
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