700
Berichte uud Kritiken.
Vi so her von Nürnberg, das als einer der früheren Belege der Kunstthätigkeil
der Vischefschen Giesshütte bekannt ist. Der Herausgeber hat leider die
Inschrift des Taufbeckens ohne auf die abweichende und richtige An-
gabe seiner Vorgänger Bezug zu nehmen, falsch gelesen, indem er die
darin enthaltene Jahrzahl als 1557 angiebt, während sie 1457 heisstl). S0
kann die ganze Behandlungsweise des Werkes natürlich auch nicht ob-
gleich der Herausgeber hierauf Gewicht legt für diese spätere Zeit des
sechzehnten Jahrhunderts maassgebend sein, der sie in der That so wenig
entspricht, wie sie völlig mit der des funfzehnten Jahrhunderts überein-
stimmt 2). Es folgt ausserdem noch eine Ansicht von Lutherls bekanntem
Wohnzimmer im Augusteum, welche das Bild der einfachen häuslichen
Einrichtung am Ende des Mittelalters giebt.
Ein eigenthümlich merkwürdiger Beitrag zur Baugeschichte sind die
Mittheilungen über das Kloster Güldenstern bei Mühlberg. Es ist
entschiedener Backsteinbau. Von der um 1230 geweihten Kirche werden
uns zwei Ansichten und die Abbildung mehrerer Details gegeben. Sie ge-
hört noch mit leichten romanischen Reminiscenzen der primitiven
Entwickelung des gothischen Baustyles an, die überall, besonders aber im
Ziegelbau, ein so lebhaftes Interesse hervorzurufen geeignet ist. Es ist eine
einfache Kreuzkirche, ohne Seitenschiffe, mit drei Absiden, von denen die
am Chor und der südöstlichen Kreuzvorlage fünfeckig sind, während die
an der nordöstlichen Kreuzvorlage im Grundbau noch halbrund ist. Die
Fenster sind überall schmal und einfach spitzbogig eingewölbt, in spitz-
bogigen Nischen liegend, die ihnen ein etwas reicheres Ansehen geben; an
der Absis des Chores sind diese Fensternischen doppelt und die inneren
im Halbkreise, die äusseren wieder im Spitzbogen überwölbt. Die Friese
unter den Dächern bestehen zumeist aus sich durchschneidenden Halbkreis-
bögen. Die Westfacade hat eine Dekoration von ähnlich schlanken spitz-
bogigen Fensterblenden; arkadenartig nebeneinander stehend. Auch am
Giebel ist eine ähnliche Dekoration, doch mit Hinzufügung reicheren
Schrnuckes aus Formsteinen, angeordnet; er steigt stufenförrnig empor,
überall an den_ Stufen mit einfach geschmückten, gedoppelten Spitzthürm-
chen versehen. Auch dies Alles hat durchaus noch ein frühgothisches
Gepräge und erscheint, nach den Abbildungen zu urtheilen, jedenfaug
noch in Uebereinstimmung mit dem Styl der Gesammtanlage, wenn deren
Vollendung auch wohl mit dem Datum der Weihung nicht abgeschlossen
war. Von den mässigen Details des Inneren wird u. A. eine Kapitälform
mitgetheilt, die wiederum entschieden den primitiv gothischen Charakter
hat. Auf der einen Hauptansicht und auf einem besondern Blatte sind
Giebel von verschiedenen Klostergebäuden dargestellt, bunt geschmückt
durch Vorstehendes, sich verschlingendes Stabwerk, ganz in dem reichen
Charakter der letztmittelalterlichen Zeit.
Den Schluss macht ein, nach den Lokalitäten alphabetarisch geordnetes
Verzeichniss der Abbildungen, welche in der zweiten Abtheilung des
l) Die Inschrift beginnt, mit vollkommen leserlichen Schriftzeichen: D0
man zalt . von. eristi gepurt m coco vnd dar nach im
lvu jar etc. 2) Die Mittheilung andrer in Wittenberg befindlicher Bild-
werke hat der Herausgeber für ein später zu verößentlichendes Werk: "Die vor-
züglichsten plastischen Kunstwerke des Mittelalters etc. in Sachsen, Preussen
und den angrenzenden Ländern etc." aufgespart.